Corona als Spaßbremse: Forum Humor in Geldnot
Am 3. März war die Welt für Reinhard Wittmann noch in Ordnung. Damals erhielt Gerhard Polt im proppenvollen Alten Rathaussaal den Kulturellen Ehrenpreis der Stadt München. Und Wittmann, Vorsitzender des Fördervereins Forum Humor und komische Kunst, konnte genüsslich verfolgen, wie Laudator Dieter Dorn in einem leidenschaftlichen Appell, die Stadt aufforderte, das Forum Humor, dessen "Schutzheiliger" Polt ist, unbedingt voranzutreiben.
In der leerstehenden alten Viehbank, direkt gegenüber dem Wirtshaus im Schlachthof und neben dem bald fertiggestellten neuen Volkstheater, könnte ein neuartiges Museum für komische Kunst entstehen. Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter bekundete an diesem Abend öffentlich seine Sympathie für das Projekt. Dann aber kam Corona - und nun ist allen der Humor vergangen und die Stimmung in der Politik gekippt.
Ein Hospiz gleich neben dem Schlachthof?
Wegen knapper Kassen und kommender Sparrunden haben Grüne und SPD ihre Unterstützung nun zurückgezogen, auch wenn sie das Forum Humor Ende April im Koalitionsvertrag festschrieben. Sie favorisieren nun den Einzug eines Hospizes in die denkmalgeschützte Viehbank, die keine 30 Meter vom Münchner Schlachthof entfernt liegt. Ist das nicht pietätlos? "Die Immobilie ist sicher auch problematisch, dessen sind wir uns bewusst", sagt die ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete Isabell Zacharias, die nun Projekt-Koordinatorin beim Hospizdienst DaSein e.V. ist.
Der Verein, der bisher auf den ambulanten Dienst beschränkt ist, will ein neues Hospiz in München errichten. Der Bedarf dafür ist riesig, bislang gibt es in der ganzen Stadt nur 28 Betten, verteilt auf zwei Träger. Und da der Verein DaSein e.V. selbst über die Mittel verfügt, die Viehbank umzubauen und als Hospiz zu betreiben, wäre die Stadt ihre seit zwei Jahrzehnten leerstehende Problemimmobilie los, ohne weitere Folgekosten befürchten zu müssen.
Viehbank: Ortsbegehung Anfang Oktober
Isabell Zacharias bevorzugt zudem ein Hospiz in der Stadt und nicht versteckt am Rande, weil das auch dem Geist des Projektes besser entspräche. Sie will ein offenes Haus schaffen und kann sich vorstellen, auch den Verein Initiativgruppe, der sich um interkulturelle Begegnung und Bildung kümmert, mit ins Haus aufzunehmen. Denn die Gruppe muss ihre Räume an der Karlstraße in naher Zukunft verlassen.
Angeschaut allerdings hat sich Isabell Zacharias die Viehbank noch nicht. Ob das denkmalgeschützte Gebäude mit seinen fünf Meter hohen Räumen im unteren Bereich überhaupt in ein Hospiz umgebaut werden könnte, will die SPD nun bei einer Ortsbegehung Anfang Oktober klären.
Falls die Stadträte sich allerdings vom Gegenteil überzeugen, könnten Reinhard Wittmanns Chancen wieder steigen, so hofft er, auch wenn er beklagt, dass die städtische Politik ihm seit drei Jahren nur Knüppel zwischen die Beine werfe.

Der Kulturetat wird kleiner - auch im kommenden Jahr
Zuletzt hieß es aus der SPD, das Humorprojekt könne doch auch seine Heimat im Stadtmuseum finden, was ein wenig zynisch klingt. Schließlich ist es ja der Stadtrat selbst, der die schon 1986 angedachte und dringend notwendige Renovierung des Museumskomplexes gerade um weitere fünf Jahre nach hinten schieben möchte.
Wittmann sagt, es habe im Kulturreferat nie den Willen gegeben, eine Lösung voranzutreiben. Dort aber sieht man derzeit einfach keine Chance für neue Projekte: "Die Folgen der Corona-Pandemie werden uns noch über Jahre beschäftigen, auch finanziell. Das Kulturreferat konzentriert sich im Moment darauf, die bestehende kulturelle Infrastruktur, die bereits massiv Schaden genommen hat, möglichst gut durch die nächsten Monate zu bringen", heißt es in einer Presseerklärung.
20 Millionen Euro für Renovierung der Viehbank
Wittmann möchte nun seinen letzten Joker ziehen. Mit der Baufirma Georg Reisch aus dem schwäbischen Bad Saulgau, die gerade das an die Viehbank grenzende neue Volkstheater fertigstellt, hat er einen Partner gefunden, der auch die Problemimmobilie renovieren und in Erbpacht übernehmen würde. Immerhin sind für die Renovierung der Viehbank bis zu zwanzig Millionen Euro veranschlagt.
Wittmanns bisheriges Konzept ging davon aus, dass die Stadt im Gegenzug die laufenden Kosten des Forum Humor für Personal und Programm übernimmt, doch davon kann in absehbarer Zukunft keine Rede mehr sein. Er plant nun, bis Ende Oktober ein neues Konzept vorzulegen, das auch langfristig ohne öffentliche Zuschüsse tragfähig ist. Auch wenn er nicht verstehen will, warum der Stadt der ganze Bereich der Satire und komischen Kunst nicht einmal 0,5 Prozent des Kulturetats wert sei.
Der Förderverein hat laut Wittmann bislang rund 1,5 Millionen Euro an Spenden und festen Zusagen gesammelt, zudem verfolgt er das Projekt einer "Humor-Aktiengesellschaft", die auf möglichst breite Streuung in der Stadtgesellschaft zielt. Und vom Freistaat hat Wittmann zumindest die Zusicherung für Projektmittel und Zuschüsse aus der Denkmalpflege. Mal sehen, wer zuletzt lacht.
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