"Comedian Harmonists" im Bayerischen Hof: Gute Laune vor dem Abgrund

München - Es ist keine ganz neue Produktion, denn die Inszenierung von Axel Stöcker ist 21 Jahre alt. Aber von der alten Besetzung blieb nur noch Manfred Stecher als Harry Frommermann. Der hatte 1927 in seiner Berliner Wohnung ein Ensemble gecastet, das bald darauf als Comedian Harmonists Weltruhm erlangte.
Comedian Harmonists: Manfred Stecher stellte das neue Sextett zusammen
Bis heute sind Hits wie "Veronika, der Lenz ist da" oder "Der kleine grüne Kaktus" unverwüstliche Klassiker des deutschen Schlagers. Im nationalsozialistischen Deutschland allerdings wurde die Truppe 1935 wegen ihrer jüdischen Mitglieder zerschlagen.

Franz Wittenbrink (Musik) und Gottfried Greiffenhagen (Text) machten aus dem Stoff eine Revue, die zu den größten Erfolgen der Komödie im Bayerischen Hof wurde. Ab heute wird daran angeknüpft und die AZ sprach mit Manfred Stecher, der auch das neue Sänger-Sextett zusammenstellte.
AZ: Herr Stecher, Sie wären seit Mitte der 1990er-Jahre so etwas wie ein Ensemblemitglied, wenn die Komödie im Bayerischen Hof eine stehende Truppe hätte. Wie hat sich das Geschäft seither verändert?
MANFRED STECHER: Es gibt heute nicht mehr diese langen Tourneen. Wir waren früher zweieinhalb Monate unterwegs und jeden Tag in einer anderen Stadt. Heutzutage wird vorsichtiger gebucht, denn die Kommunen haben weniger Geld. Das war schon vor Corona so und die Dinge haben sich eher zum Schlechten entwickelt. Die Komödie im Bayerischen Hof selbst hat ihre Position als Boulevardtheater in München und sich die Liebe dazu erhalten. Nach dem Reset durch Corona ist es aber schwer zu sagen, wie es weitergeht.
"Hätten wir mehr Zeit gehabt, hätten wir auch mehr geändert"
Man kommt noch immer nicht daran vorbei, den Fall Pekny anzusprechen und Sie gehörten zu den ersten, die sich vom Intendanten distanzierten, nachdem Vorwürfe gegen ihn wegen sexueller Übergriffe bekannt waren. Wie ist die aktuelle Stimmung im Haus?
Es ist eine schwierige Zeit. Ich wünsche mir, dass der Neuanfang, von dem Thomas Pekny gesprochen hat, auch wirklich stattfindet.
Aber mit René Heinersdorff wird gerade ein interessanter Name für die Führungsposition gehandelt.
Er wäre eine gute Wahl, zumal er die meisten von uns kennt und hier auch schon gespielt hat. Das ist aber noch nicht so klar, wie es schon einmal aussah. Ich glaube das erst, wenn er da ist und ich die andere Person nicht mehr sehe. Und die sehe ich immer noch.
Kommen wir zur heutigen Premiere: Wurde an den "Comedian Harmonists" seit 2000 viel geändert?
Hätten wir mehr Zeit gehabt, hätten wir auch mehr geändert. Der Cast entstand schon vor zwei Jahren, aber dann wurde immer wieder verschoben, dann kam Corona, und dann musste ich ein neues Ensemble finden. Das war für mich eine große Herausforderung. Ich habe das mit der alten Besetzung über 600-mal gespielt und ich bin der einzige Überlebende. Doch wir merkten am ersten Probentag: Das treibt uns alle zusammen und es macht so viel Spaß, diese Musik zu machen.
Kurz, bevor Sie damals mit dem Stück auf die Bühne gingen, kam Joseph Vilsmaiers Film über die Comedian Harmonists heraus. Wie spielt man gegen mächtige Kinobilder an?
Wir mussten gar nicht dagegen anspielen, sondern der Film hat uns noch einen zusätzlichen Hype gebracht. Das war eine große Werbung für uns. Der Film war sehr schön gemacht und hat mich sehr bewegt, aber Film ersetzt nicht das Liveerlebnis.
Der Pianist Erwin Bootz soll einmal gesagt haben, dass Harry Frommermann gar nicht singen kann und nur Töne abgibt. Spielen Sie, nicht singen zu können?
Frommermann war eigentlich Schauspieler und hatte einen Vertrag am Schauspielhaus in Berlin. Wenn man nicht völlig unmusikalisch ist, kann man auch diese Rollen verkörpern. Ich habe beim Casting mehr Wert auf das Gesangliche gelegt, was natürlich nicht heißt, dass die Jungs schlecht spielen. Aber für mich war es wichtig, auch musikalisch eine Einheit zu bilden. Doch ich kann mir gut vorstellen, dass Erwin Bootz so etwas mal gesagt hat.
Haben Sie ein Lieblingslied der Comedian Harmonists?
Ja. "Irgendwo auf der Welt". Es zeigt am Ende auch, wie die Gruppe zerbricht. Es ist alles drin in diesem Lied.
Komödie im Bayerischen Hof, am Mittwoch, 14. September Premiere (bis 24. Oktober, 19.30 Uhr, sonntags 18 Uhr); Karten unter Telefon 29161633.