Christine Neubauer in "Halbe Wahrheiten": Eine Komödie voller Giftpfeile
Die britische Queen Elizabeth machte den vielleicht erfolgreichsten Komödienschreiber aller Zeiten 1987 zum "Sir". Schon zwei Jahrzehnte zuvor hatte sich Alan Ayckbourn einen soliden Ruf als scharfer Beobachter menschlicher Marotten erworben.
In "Halbe Wahrheiten" aus dem Jahr 1967 enthüllt er die ebenso feine wie komische Mechanik des Nichtverstehens durch das Miteinanderreden. Am Mittwoch hat das Stück in der Komödie im Bayerischen Hof Premiere. Christine Neubauer spielt Petra, eine Frau, von der ein heiratswilliger junger Mann fälschlicherweise glaubt, sie sei die Mutter seiner Verlobten.
AZ: Frau Neubauer, zwischendurch waren Sie erblondet und hatten sich stark verändert. Jetzt sehen sie wieder aus wie gewohnt. Was ist passiert?
Christine Neubauer: Es ist nichts Schlimmes passiert. Die Haare haben ein bisschen gelitten und ansonsten bin ich wieder ich. Das war bewusst gewollt und eine glückliche Entscheidung.
Ist es Ihnen oft passiert, dass Sie nicht erkannt wurden?
Ich bin selbst in blond erkannt worden. Das nutzt bei mir gar nichts. Ich könnte auch eine Vollgummimaske aufsetzen, und dann würde man mich an der Stimme erkennen. Aber die blonden Haare waren nicht dazu da, dass man mich nicht mehr erkennt, sondern das war ein abenteuerlicher, modischer Ausflug. Es war der Wunsch, einfach mal etwas auszuprobieren und nicht irgendwann einmal blond zu sein. Es ging um eine Typveränderung und ich denke, das ist gelungen. Weiter von mir weg kann man nicht gehen.
Sie machen viel Film und Fernsehen, aber es hat den Anschein, dass sie sich im Theater rar machen. Wie kommt das?
Sie dürfen nicht vergessen, dass ich am Theater begonnen habe. Das ist schon lange her und viele haben das nicht mehr auf dem Schirm. Bekannt wird man bei uns durch das Fernsehen. Aber auch während ich viel drehte, habe ich die Bühne nie verlassen. Aber als Schauspielerin muss man sich Theater leisten können.
Das Fernsehen und vor allem seine Nutzung ändert sich zur Zeit mit neuen Techniken wie dem Streaming und neuen Anbietern wie Netflix. Beschäftigt Sie das als Fernsehschaffende?
Ja, im positiven Sinne, weil ich die Serien, die bei Netflix laufen, selbst so gerne sehe. Und auch als Schauspielerin hätte ich große Lust dazu, da mitzuspielen.
Eine Ihrer Ausbildungsstätten war die legendäre Lee-Strasberg-Schule, die eine Starschmiede ist für Leute wie Marylin Monroe, Marlon Brando oder Robert De Niro. Zehren Sie davon noch?
Ich zehre unglaublich davon. Das war in den achtziger Jahren und wir hatten die erste Staffel von "Die Löwengrube" gedreht. Da wusste man noch nicht, dass das so ein Riesenerfolg werden würde. In dieser Zeit ging ich für ein paar Monate nach New York. Ich zehre noch von dem Ganzen: Ich bin als junge Frau zum ersten mal alleine irgendwo, und dann auch noch New York - das war der Hammer für mich. Wir erarbeiteten Stücke im Actor's Studio und ich hatte große Vorbilder, die einmal den gleichen Fußboden wie ich vor mir betreten haben. Wäre die Fortsetzung der "Löwengrube" nicht gewesen, wäre ich vielleicht drüben geblieben.
2018 spielten Sie bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg in "Winnetou und das Geheimnis der Felsenburg". Wie war dieser Sommer für Sie?
Es war der Jahrhundertsommer, 7.500 Zuschauer und fast immer ausverkauft. Ich war komplett nur glücklich - von dieser Art Theater das schönste Erlebnis in meinem Leben. Karl May war eine Riesenbühne mit über 20 Personen und den ganzen Tieren. Ich durfte alles machen, was ich mir schon als Kind erträumt habe: Reiten, schießen, kämpfen. Ich war die Böse und wurde als solche sogar von den Kindern geliebt. Man kann es natürlich nicht mit dem vergleichen, was ich jetzt gerade hier in München mache.
In der Komödie spielen Sie in einem Boulevard-Klassiker mit Liebe, Eifersucht und den vielen damit verbundenen Turbulenzen. Wie sehr inszenierte Covid 19 mit?
Alan Aykbourn hat coronatauglich geschrieben.
Und das vor über 50 Jahren?
Es ist ein Dialogstück ohne Berührungen. Die Giftpfeile fliegen nicht wie bei "Winnetou" durch die Luft, sondern kommen durch die Sprache, durch den verbalen Witz, die sarkastischen Pointen, die Verwechslungen, die Spitzfindigkeiten. Es erfordert eine große Konzentration, und wir spielen ohne Pause. Nur das ist wegen Corona anders.
Das Original spielt in London und seiner ländlichen Umgebung. Für Ihre Fassung sind die Namen der Figuren eingedeutscht. Wo sind die Schauplätze jetzt?
Wir spielen in Hinterunterzell bei Bad Tölz, und die Großstadt, aus der das Liebespaar kommt, ist natürlich München.
Komödie im Bayerischen Hof, Promenadeplatz, Premiere am 9. September, weitere Vorstellungen bis 1. November, 19.30 Uhr, sonntags 18 Uhr. Karten unter Telefon 29161633