Brigitte Fassbaender über "La Cenerentola" von Gioachino Rossini

Brigitte Fassbaender inszeniert Rossinis Oper „La Cenerentola“ für den Gärtnerplatz im Cuvilliéstheater
von  Robert Braunmüller

Die Geschichte vom Aschenputtel stammt aus der 1697 erschienenen Märchensammlung des Franzosen Charles Perrault. In Gioachino Rossinis Oper „La Cenerentola“ muss sich die arme Angelina von ihren Stiefschwestern und ihrem Stiefvater Don Magnifico schikanieren lassen. Doch dann geht der Prinz Don Ramiro auf Brautschau – als sein eigener Kammerdiener, der die Rolle seines Herrn übernimmt. Brigitte Fassbaender inszeniert die 1817 in Rom uraufgeführte Oper für den Gärtnerplatz im Cuvilliéstheater. Premiere ist am Mittwoch – dem 150. Jahrestag der Eröffnung des Gärtnerplatztheaters.

AZ: Frau Fassbaender, haben Sie die Angelina jemals selbst gesungen?

BRIGITTE FASSBAENDER: Nie. August Everding hat mir die Rolle einmal angeboten, als er nach Hamburg ging. Er wollte die Oper aber auf Deutsch machen, während ich sie nur italienisch singen wollte. Und so wurde nichts daraus. Aber ich habe „La Cenerentola“ 1990 in Coburg inszeniert – meine erste richtige Regie.

Sie kann nicht ganz schlecht gewesen sein: In Wiesbaden und Innsbruck haben Sie Ihre Inszenierung wiederholt. Macht das Spaß?

Ich setze mich mit Rossinis „La Cenerentola“ immer wieder gern auseinander. Die Aufführungen sind nie gleich – schon wegen der verschiedenen Bühnenbildner und Ensembles. Man lernt immer wieder was dazu, und das führt zu einer vertieften Sicht der Dinge. Die Grundkonzeption bleibt aber unverändert.

Worin besteht sie?

Die Konstellation zwischen Angelina, dem Prinzen Ramiro und seinem Kammerdiener Dandini kann man kaum ändern. Aber ich gehe auf das ein, was die übrigen Mitspieler anbieten und einbringen.

Ist Don Magnifico ein brutaler Stiefvater oder doch nur eine vergleichsweise harmlose komische Figur?

Er ist ein vom Leben enttäuschter, geldgieriger und kalkulierender Mensch, der für seine beiden Töchter das Bestmögliche herauszuholen versucht. Die Rolle ist gefährlich, weil man da leicht in das reine Buffo-Klischee abgleiten kann. Don Magnifico hat in meiner Inszenierung trotzdem eine kleine Liebenswürdigkeit.

Und welche?

Soll ich das verraten? Er behandelt seine Bade-Ente netter als die Stieftochter, deren Erbe er verprasst.

Hat Rossinis Oper viel von einem Märchen?

Es ist eine Komödie mit Tiefgang. Alidoro ist in meiner Inszenierung kein Zauberer, sondern ein väterlicher Berater und Freund des Prinzen. Alle stecken unter einer Decke, um dem Prinzen zu helfen, dass sich seine Liebe auf den ersten Blick erfüllt.

Und alles wird am Ende gut.

Das ist „La bontà in trionfo“, der Sieg der Herzensgüte, wie der Untertitel der Oper lautet. Angelina ist glücklich: Sie hat den richtigen Mann gefunden, das Unglück ihres bisherigen Lebens fällt von ihr ab und sie möchte die Welt umarmen. So fühlt man sich, wenn man liebt.

Führen Sie als ehemalige Sängerin anders Regie?

Glaube ich nicht. Ich habe auch schon Schauspiel inszeniert. Ich habe einfach Verständnis für Sänger und weiß, dass sie sich nicht so lange konzentrieren können wie Schauspieler. Außerdem sind sie bodenständiger. Und sie brauchen Regenerierungs-Zeiten. Man muss als Regisseur Rücksicht auf die Tagesform und die stimmliche Verfassung nehmen. Aber davon abgesehen fordere ich die Sänger mächtig heraus und mache es ihnen nicht leicht.

Warum spielt der Gärtnerplatz solche Werke nun auch in der Originalsprache?

Weil es schöner klingt. Das Italienische wird einen Sänger nie dazu zwingen, ein hohes C auf einem i zu singen. Die meisten deutschen Übersetzungen sind nicht gut. Und für die Zuschauer gibt es Übertitel.

Im Nationaltheater läuft seit 1980 Jean-Pierre Ponnelles klassische Inszenierung dieser Oper. Eine Herausforderung?

Läuft die immer noch? Ich kenne sie nicht und habe sie nie gesehen – nur vielleicht mal einen Ausschnitt im Fernsehen. Es muss doch mehrere Lesarten geben dürfen. Mit diesem Stück kann man viel machen.

Was ist leichter für Sie: Komödie oder Tragödie?

Ich liebe Tragödien wie „Peter Grimes“. Trotzdem: Die Rührung ist uns näher, und es ist schwerer, die Leute zum Lachen zu bringen. Es muss kein schenkelklopfendes Lachen sein. Ich bin glücklich, wenn ein Dauerschmunzeln entsteht.

Premiere am Mi., 4. 11., 19.30 Uhr im Cuvilliéstheater, weitere Aufführungen bis 15. 11. Infos unter Telefon 2185 1960. Am Mittwoch wird ab 17 Uhr am Gärtnerplatz der 150. Geburtstag des Theaters gefeiert, Eintritt frei

 

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