Blamage für Markus Blume: Serge Dorny bewirbt sich in Salzburg

Der gewöhnlich gut informierte Newsletter von Axel Brüggemann ("Crescendo") nannte vor ein paar Tagen die Bewerber für die Nachfolge von Markus Hinterhäuser um die Intendanz der Salzburger Festspiele. Auf einer Liste sollen acht Namen stehen, davon drei aus Österreich und nur eine Frau. Zu den Bewerbern soll neben Viktor Schoner (Staatsoper Stuttgart), Dominique Mayer (Mailänder Scala) auch Serge Dorny gehören, der Intendant der Bayerischen Staatsoper.
Dorny hat seine Bewerbung inzwischen bestätigt. Er sei von der Findungskommission dazu aufgefordert worden. Österreichische Zeitungen nennen auch noch den Dirigenten Franz Welser-Möst als Kandidaten. Ob der gegenwärtige Intendant Markus Hinterhäuser weitermachen will, sei unklar, heißt es. Sein Verhältnis zur neuen Festspielpräsidentin Kristina Hammer gilt als schwierig, er wirkte bei den Querelen um die Absetzung von Michael Sturmingers "Jedermann" amtsmüde und wäre bei einer erneuten Verlängerung 70 Jahre alt.
Ein Alarmzeichen für München
Allerdings sollte man wissen, dass in Österreich - anders als in Deutschland - ein formelles Bewerbungsverfahren bei jeder Verlängerung von Intendanten-Verträgen üblich ist. Und wenn der allgemein beliebte Hinterhäuser es möchte, wird er wohl weitermachen dürfen. Die Kritik an seinem mutlosen Opernprogramm und seinem Desinteresse am Schauspiel kann er an sich abblättern lassen, so lange die Zahlen stimmen. Und das scheint der Fall zu sein.
Dornys Bewerbung ist allerdings ein Alarmzeichen für München. Kunstminister Markus Blume hat kürzlich überraschend früh den Gärtnerplatz-Intendanten Josef E. Köpplinger bis 2030 verlängert. Auch Andreas Beck hat am Residenztheater einen Vertrag bis 2029. Nur die Verträge von Dorny, dem Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski und von Ballettchef Laurent Hilaire enden - bisher - 2026. Und das wird angesichts der im Opernbereich notwendigen langfristigen Planungen langsam zum Problem: Jurowski erklärte neulich im AZ-Interview, dass bereits über Premieren nach Auslaufen seines bisherigen Vertrags gesprochen werde.

Dorny, Jurowski und Hilaire sind als Trio angetreten. Wenn Dorny nach Salzburg wechselt, könnte es auch den Generalmusikdirektor und den Ballettchef nach einem Wechsel gelüsten. Da stellt sich die Frage, ob das Kunstministerium für den Fall der Fälle des zusammenbrechenden Personal-Kartenhauses wirklich über einen Plan B für die Leitung der Bayerischen Staatsoper verfügt. Nach dem wenig krisenfesten Agieren in der Corona-Zeit und angesichts vertröstender Antworten darf man da eher pessimistisch sein.
Die Mühen des Anfangs
Es war nie eine gute Idee, allzu öffentlich darüber zu reden, dass Dorny nach der Absage von Barrie Kosky nur die zweite Wahl als Intendant neben Jurowski war. Der bisweilen in seinen Entscheidungen allzu erratisch wirkende Intendant hatte intern keinen guten Start. Querelen wie der Streit mit dem Chordirektor und die Unruhe scheinen mittlerweile überwunden. Das Haus sammelt internationale Preise. Die Premieren sind erfolgreich - wenn Risiken eingegangen werden wie bei "Krieg und Frieden" oder der sensationellen "Passagierin" am vergangenen Sonntag.
Kritisieren lässt sich, dass Dorny seine aus Lyon bekannte Innovationsfreude bislang zügelt und wie alle Intendanten vor ihm zu sehr die Münchner Traditionen bedient. Der Generalmusikdirektor leitet zwar herausragende Aufführungen, wirkt aber bisweilen zu wenig präsent. Beides sind keine Gründe, Dorny ziehen zu lassen, zumal die Auslastung des Nationaltheaters, das Image und die Einnahmen stimmen.

Es mag sein, dass Markus Blume das Salzburger Verfahren vor einer Verlängerung abwarten möchte. Und es könnte auch sein, dass Dorny mit der Bewerbung einen gewissen Druck aufbauen will, obwohl er womöglich gar keine Lust hat, sich mit konservativen Salzburger Tourismusvertretern und einer künftigen österreichischen Bundesregierung mit FPÖ-Beteiligung herumzuärgern. Aber er ist auch ein Zögling des zum Mythos gewordenen Salzburg-Intendanten Gerard Mortier, was ihn zu einem attraktiven Kandidaten macht.
Eine Blamage für Blume ist die Bewerbung jetzt. Und schlimmer: Es war ein Fehler, mit der Verlängerung von Dornys Vertrag so lange zu warten, bis dieser Lust auf Veränderung bekommt. Ein Auftritt als Deus ex Machina bei der Vorstellung der kommenden Spielzeit am morgigen Samstag ist ausgeschlossen: Der Minister weilt mit anderen Wissenschaftsministern in Israel.
Zweimal den gleichen Fehler
Blume ist gerade dabei, den Fehler ein zweites Mal zu machen: Auch der bereits 2025 auslaufende Vertrag von Katharina Wagner in Bayreuth ist noch nicht verlängert. Auch sie plant bereits Festspiele, von denen nicht sicher ist, ob sie sie auch verantworten darf. Dass in Bayreuth die Strukturen professionalisiert und modernisiert werden müssen, macht das nicht leichter.

Ein Glück hat Blume allerdings: Dass Katharina Wagner nach Salzburg wechselt, dürfte ausgeschlossen sein.