Blabla im Puzzle-Land
Autsch! Auftakt der Ballettwoche mit Michael Simons „Der gelbe Klang“ – und zwei weiteren Choreografien im Nationaltheater
Geht man einer cleveren Werbung auf den Leim, dann ist der Strom gelb. Dass auch Klänge mit Farben zu tun haben, versuchte vor etwas mehr als hundert Jahren der Künstler Wassily Kandinsky zu beweisen, als er eine Tanzgeschichte mit dem Namen „Der gelbe Klang“ entwickelte. Für ihn stand fest: „Zitronengelb tut dem Auge nach längerer Zeit weh, wie dem Ohr eine hoch klingende Trompete.“
Was sich der Choreograph und Bühnenbildner Michael Simon zur Eröffnung der Ballettfestwoche auf der Bühne des Nationaltheaters als eine Hommage an den zeitweise in München lebenden russischen Maler ausgedacht hatte, tat dann leider auch weh. Scheinbar ohne Plan und Ziel durchquerten 36 Tänzer den mit Puzzle-Teilchen aus abstrakten Kandinsky-Werken attraktiv dekorierten Raum. Ein Riesenbaby steuerte Textfragmente bei - manchmal Dada, dann wieder Blabla. Choreographie Fehlanzeige. Hörenswert die Musik von Frank Zappa: Sie wurde vom Staatsorchester unter Myron Romanul mit beachtlich swingendem Engagement gemeistert.
Großer Teile des Premierenpublikums reagierten unwillig. So blieb es dem britischen Choreographen Russell Maliphant vorbehalten, die Kastanien aus dem Feuer zu holen. „Spiral Pass“ nennt er sein neuestes Opus, zu dem der Inder Mukul Patel faszinierend hämmernde Techno-Ekstasen beigesteuert hat. „Spiral Pass“ ist eine ganz bestimmte Wurftechnik beim Rugby. Der Ball rotiert dabei um die eigene Achse. Die Tänzer des Staatsballetts, voran Lucia Lacarra und Marlon Dino, bewiesen in diesem schwungvollem Divertissement, dass auch sie keine Probleme mit sportlichen Kabinettstückchen haben – endlich kamen die Zuschauer auf ihre Kosten.
Zum Ausklang eine Choreographie der Kanadierin Aszure Barton, der sie unspektakulär, aber stimmig die kuschelige Filmmusik des 2012 entstandenen und ein wenig zu lang geratenen Violinkonzerts von Mason Bates zugrunde legte. David Schultheiß musizierte den kniffligen Solo-Part bewunderungswürdig. Die ganz in Weiß gekleideten Tänzer schienen über die Bühne zu fliegen. Alles wirkte federleicht. Ob in den Ensembles oder beim Pas de deux von Katherina Markowskaja und Lukás Slavický: Die heile Welt hatte uns wieder. Ende gut, alles gut? Schön wär’s.
Wieder am 27. April, 2., 8., 11. und 17. Mai, Karten unter Telefon 2180-1960
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