Kritik

Bergs "Wozzeck" neu besetzt im Nationaltheater

Die Staatsoper zeigt die Andreas Kriegenburgs Inszenierung mit Peter Mattei und Marlis Petersen
Robert Braunmüller
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Peter Mattei und Marlis Petersen im "Wozzeck" der Bayerischen Staatsoper.
Wilfried Hösl Peter Mattei und Marlis Petersen im "Wozzeck" der Bayerischen Staatsoper.

Ist das schon so lange her? Im November 2008 war Andreas Kriegenburgs "Wozzeck" die zweite Premiere des damals neuen Intendanten Nikolaus Bachler. Die expressionistisch- düstere, an die Bilderwelt von Otto Dix angelehnte Inszenierung von Alban Bergs Oper mit der Wasserfläche, dem schwebenden Zimmer und den Arbeitslosen in schwarzen Anzügen ist erstaunlich frisch geblieben - unter anderem deshalb, weil sie mit sehr unterschiedlichen Deutungen der Titelpartie harmoniert.

Nach Michael Volle, Georg Nigl, Simon Keenlyside und Christian Gerhaher singt in der aktuellen Serie nun der Schwede Peter Mattei den Wozzeck. Er versteht die Titelfigur als einzigen Normalen in einer Welt grotesker Karikaturen. Der Mord ist fast eine Art Widerstand, zu dem ihn die Umstände verführen und mit dem sie ihn zugrunde richten. Mattei bleibt ungebeugt und aufrecht. So direkt, geradezu naturburschenhaft und ohne jede Brechung singt er die Partie auch größere Deutungsakzente, aber mit einem klar geführten, schönen und natürlichen Bariton.

Stark in Momenten der Reue

Seine Beziehung zu Marie wirkt lange zurückliegend und distanziert - was zwar dem Text widerspricht, psychologisch aber trotzdem zwingend erscheint. Im Vergleich zu Mattei singt Marlis Petersen mit ihrer Vielfalt an Schattierungen fast manieriert. Was ihre Marie zum Tambourmajor hinzieht, bleibt rätselhaft. Stark ist die Sängerin vor allem in den Momenten der Reue, aber ein rundes Porträt der Figur entsteht nicht.

Wolfgang Ablinger-Sperrhacke (Hauptmann), Ulrich Reß (Narr) und John Daszak (Tambourmajor) sind bewährte Stützen der Aufführung. Ein erfreulicher Neuzugang ist Jens Larsen als Doktor. Sein Bass ist seriöser als der seiner Vorgänger. Aber auch er neigt ein wenig zur Überzeichnung, was aber zur Inszenierung passt, die allen Nebenfiguren wenig individuelles Leben zubilligt.

Unvermeidliche Kompromisse

Die Schönheit von Alban Bergs Musik blüht erst auf, wenn sie mit allerletzter Genauigkeit gespielt wird. Seit Kent Naganos Abschied blieben hier oft Wünsche offen. Auch bei einer sorgfältig vorbereiteten Wiederaufnahme unter dem Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski sind Kompromisse unvermeidlich. Manches Tutti - vor allem im ersten Akt - schien ein wenig stumpf.

Der Schwerpunkt lag mehr bei den Einzelmomenten und den leicht übersteuerten Klang-Spezialeffekten, die das Bayerische Staatsorchester gleichsam unter das Vergrößerungsglas legt. Der große musikalische Zusammenhang, auch Interpretation genannt, dürfte sich erst bei den Folgevorstellungen einstellen. Trotzdem: "Wozzeck"-Vorstellungen waren immer ein Höhepunkt des Repertoires, und das hat sich nicht geändert.

Wieder am 23., 26. und 30. November im Nationaltheater, Restkarten für alle Vorstellungen online und telefonisch unter
Telefon 21 85 19 20

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