Benjamin Oeser dominiert den Nachwuchswettbewerb des Gärtnerplatztheaters

Dreifachsieg für den Hühnergeschlechtsbestimmer: Benjamin Oeser dominiert den Nachwuchswettbewerb des Gärtnerplatztheaters
Oh ja, das hätte auch richtig schiefgehen können, dass Benjamin Oeser im Finale des MUT-Wettbewerbs plötzlich anfing, zu gackern.
Der Song „Sweet Transvestite“ aus der Rocky Horror Picture Show war angekündigt in seinem 15-minütigen Set. Da stand Oeser nun in Anzughose und -weste mit Schlips und erzählte wie aus dem Nichts, dass es in unserer kommerzialisierten Welt übrigens den Beruf des „Chicken Sexers“ gebe – des Hühnergeschlechtsbestimmers. Menschen sind das, die darauf trainiert sind, das Geschlecht von Küken zu erkennen, da es sich in der Eier-Produktion nicht lohnt, die männlichen Küken aufzuziehen.
Starke Sets
Der „Sweet Transvestite“ in der folgenden Darbietung war denn auch ein „Sweet Chicken Sexer“, mit allem drum und dran: Flügel-Armbewegungen, Stolzieren – und eben Gackern. „Die Auswahl dieses Songs hätte auch nach hinten losgehen können“, sagt der 26-jährige Oeser nach dem Finale, „ich habe das Programm noch nie vor Publikum gemacht.“
Noch bei der Preisverleihung schüttelte er immer wieder den Kopf. Es ist dann nämlich alles andere als nach hinten losgegangen für ihn am Samstag beim MUT-Wettbewerb für musikalisches Unterhaltungstheater (Operette, Musical, Chanson), mit dem das Gärtnerplatztheater den begabten Nachwuchs fördern will: Der im Erzgebirge geborene Oeser gewann in der Reithalle den Publikumspreis (1000 Euro), den Medienpreis (1000 Euro) und wurde stimmgleich mit dem Regensburger Maximilian Mayer (26) auch von der Fachjury zum Finalsieger erklärt (jeweils 2500 Euro für beide). Dritter wurde der Fuldaer Lukas Witzel. Die drei Frauen im Finale – Jasmin Eberl, Valentina Inzko Fink und Juliette Khalil – zeigten auch starke Sets, landeten aber auf den Plätzen.
Hohes Niveau
Gesanglich und schauspielerisch war das Niveau der drei Ausgezeichneten ähnlich hoch, doch am Ende ist es wohl auch der tatsächliche Mut gewesen, der Oeser zum Dreifachsieger machte: Neben der beherzten Hühnereinlage hatte er sich beim Monolog für einen Text aus David Foster Wallace‘ „Kurze Interviews mit fiesen Männern“ entschieden – und ihn kurzerhand umgeschrieben, indem er den thematisierten Opfern den Kontext des Lkw-Attentates am Berliner Breitscheidplatz 2016 gab. „Da hatten sicher einige einen Kloß im Hals, das ist ja ein Thema, das uns alle irgendwie betrifft und betroffen gemacht hat“, sagt er.
Wiedersehen wird das Münchner Publikum den Schauspieler und Sänger, der seinen Musical-Master an der Theaterakademie August Everding in München gemacht hat – allerdings erst 2018, bei der Wiederaufnahme von „Jesus Christ Superstar“.
Den zweiten Erstplatzierten schon eher: Maximilian Mayer gehört seit dieser Spielzeit zum Solisten-Ensemble des Gärtnerplatztheaters. Darum enthielten sich Intendant Josef E. Köpplinger, Chefdramaturg Michael Alexander Rinz und seine Kollegin Dagmar Hellberg bei seiner Jurywertung der Stimme.
Mayer überzeugte die anderen Jurymitglieder unter anderem mit seiner eindrücklichen Operntenorstimme. „Ich habe mich schon gefragt, ob das blöd ist, mich zu bewerben, weil ich ja beim Gärtnerplatztheater arbeite“, sagte er danach. Glücklicherweise hat er’s trotzdem getan. Mut hat ja nicht immer mit Gackern zu tun.