"Beethoven - The Next Level" von Christoph Hagel

Pure Energie: Schon in der Breakdance-Show „Red Bull Flying Bach“ im Jahr 2010 hielt das Publikum bei den Headspins und virtuosen Körperverschraubungen von B-Boy Khaled Chaabi den Atem an. Triebfeder des Crossover-Projekts mit dem Ziel, klassische Hoch- und urbane Popkultur in einer emotional-explosiven Show zu vereinen, war Regisseur und Dirigent Christoph Hagel.
Der ist ein Musiker mit Leib und Seele, der das Publikum am liebsten generationenübergreifend – vom Enkel bis zur Oma – anspricht und weiß, wie man durch Verfeinerung eines Rezepts und den Mix ausgesuchter Zutaten Erfolge in Serie einheimst.
Die Tänzer wollen den Staub von Beethovens Marmorbüste fegen
Nach „Flying Bach“ und „Breakin’ Mozart – Klassik meets Breakdance“ (2013) regte Hagel Ende letzten Jahres eine weitere Produktion aus „Musik – Tanz – Wahnsinn“ an. So seine Schlagworte, in deren Mittelpunkt das Musikgenie der Wiener Klassik, Ludwig van Beethoven, stehen soll.
„Beethoven war sein Leben lang ein Rebell“, sagt Hagel. „Aus meiner Sicht ist er der Komponist der Jungen. Mit unfassbarer Power hat er in seiner Zeit einen Sturm und Drang entfesselt. Es wird Zeit, den Staub von seiner Marmorbüste zu fegen und seinen Geist, der für große Visionen und starke Gefühle steht, wieder zum Leben zu erwecken.“
Doch der Initiator will noch mehr! Nämlich Beethovens Symphonien durch rasanten Urban Dance, seine berühmten Sonaten durch hippe Street-Dance-Stile wie B-Boying, Krumping, Popping, Locking oder Hip-Hop sichtbar und die Figur des Komponisten zwischen öffentlicher Anerkennung und persönlichen Katastrophen mithilfe von wildem Freestyle-Tanz für jedermann fassbar machen.
Sein choreographischer Partner ist diesmal der 29-jährige, in Berlin beheimatete syrische Tänzer Khaled Chaabi. Mit dem gemeinsamen Projekt „Beethoven! The Next Level“ erklimmt dieser nun als verantwortlicher Choreograf eine weitere künstlerische Stufe. Auch dafür steht der zweite Titelteil der Show, die Ende Mai in Berlin Premiere hat und das Team anschließend auf Tour durch Deutschland und die Schweiz führt.
Gastspiel im Circus Krone
Einziger Halt in München ist am 31. Mai das Gastspiel im Circus Krone. Dort gaben Chaabi und seine Berliner Breakdance-Crew, die B-Town Allstars, nach sechs Monaten Probenzeit der Presse voll Enthusiasmus einen ersten summarischen Einblick in ihre Arbeit. Großartig radikal – vor allem deshalb, weil jeder Einzelne mit vollem Körpereinsatz für die Sache und seine Rolle brennt. Infiziert vom Fieber der Faszination, die Beethovens mitunter tragische Lebensgeschichte in ihnen auslöste. Manche Szenen begleitet Christoph Hagel live am Klavier. Andere sind lautstark mit eigens hinzukomponierten Beat-Versionen von Alexandra Holtsch unterlegt.
Chaabi, der selbst den Part des Komponisten übernimmt, sagt: „Beethovens Musik ist wunderschön und gleichzeitig total verrückt. Ganz anders als die von Bach. Wir wollen einen Schritt weiter gehen und tänzerisch seine Einsamkeit, seine Verzweiflung, ja sogar seinen Hörsturz, aber auch seine tiefe Liebe zu einer Frau, die nie Erfüllung fand, visualisieren.“
Chaabis älterer Bruder tanzt Beethovens Vater. Die Clique erinnert mit halsbrecherischen Powermoves zum Scherzo aus der Neunten Symphonie an die Französische Revolution. Als weiblicher Gegenpol kommt die in klassischer Tanztechnik ausgebildete Japanerin Yui Kawaguchi ins Spiel.
„Die Herausforderung für mich ist, Beethovens Musik so exakt in unseren Bewegungen rüberzubringen, wie er das geschrieben hat. Außerdem will ich so mit Beethovens Charakter verschmelzen, zu seinem Spiegelbild werden, dass die Leute seine Persönlichkeit spüren.“ Chaabi zerlegt Beethovens Biografie in Tanzflashs, bei denen verschiedene Stile fusionieren.
Ob es gelingt, den klassisch-romantischen Komponisten mit heutigem Lebensgefühl zu verknüpfen? 70 Minuten werden sich alle Tänzer dafür jedenfalls mächtig ins Zeug legen.
„Beethoven! The Next Level“: 31. Mai (20 Uhr), Circus Krone. Karten unter Telefon 49 00 94 49; Infos unter www.beethoven-nextlevel.de