"Antonius und Cleopatra" von William Shakespeare - die AZ-Kritik

Thomas Dannemann inszeniert Shakespeares "Antonius und Cleopatra" im Residenztheater
von  Mathias Hejny

Thomas Dannemann inszeniert Shakespeares "Antonius und Cleopatra" im Residenztheater

Stöhnen tönt durch die Hotelflure. Cleopatra, die Königin von Ägypten, und Antonius, ein Drittel des Triumvirats aus Rom, das den Mittelmeerraum einschließlich Cleopatras Reich beherrscht, lassen es krachen und sich nicht stören. Als der verliebte Feldherr von Boten an seine Pflichten als kriegführender Staatsmann sowie als Ehemann einer Römerin erinnert wird, entsteigt er den Kissen nackt, wie ihn die Götter schufen, und weist sein Personal zurecht. Ein starker Anfang für „Antonius und Cleopatra“ im Residenztheater.

Das Hotel bleibt durchgehend als ein Bild stehen für die, die unterwegs sind. Die Drehbühne dreht sich emsig, doch wo auch immer sie anhält, ist die gleiche Business-Unterkunft in Schlammgrau zu sehen. Bühnenbildner Stefan Hageneier hat vier solcher Zimmer eingerichtet, getrennt nur von engen, unwohnlichen Fluren, die erst im Verlauf der knapp vierstündigen Aufführung durch die Unordnung, Verwüstung und Zerstörung des Krieges so etwas wie Individualität bekommen.

Die vier Räume und ihre Fluren rotieren um eine kaum bespielte Mitte. Hier findet vor allem ein Bacchanal statt, mit dem der Friedensschluss zwischen dem Triumvirat und Pompejus gefeiert wird.

Unfreiwillig komisch

Regisseur Thomas Dannemann inszeniert die Party so, wie den überwiegenden Teil des Stücks: Unentschlossen, zu oft unfreiwillig komisch. Obwohl die Party, als wäre es bei Frank Castorf, mit einer Kamera aus der verwinkelten Architektur nach außen übertragen wird und eine Hymne an Bacchus ein wenig nach Heavy Metal klingt, ist die römische Orgie dann doch nur ein harmloser Mummenschanz nach Art des rheinischen Karnevals. Hinreichenden Witz hat lediglich die Szene, die der Fete vorangeht. Die Kriegsparteien treffen sich in Anzügen mit Zuhälter-Charme zu Friedensverhandlungen, die aussehen wie ein drittklassiger Mafia-Thriller.

Dieser Frieden bricht naturgemäß bald zusammen: Das Triumvirat besiegt zunächst Pompejus im Kampf um die Vorherrschaft im östlichen Mittelmeer und zerfleischt sich dann selbst. Octavian tötet Lepidus und führt eine Seeschlacht gegen Antonius, der die Kontrolle der Region an Cleopatra gegeben hatte. Der mächtige Römer und die schöne Ägypterin sind zuversichtlich, zu siegen – eine der schönsten Szenen des langen Abends ist, wenn die Lieben einen gemeinsamen Triumphzug durch Alexandria proben. Doch sie werden Opfer des Konflikts und töten sich schließlich selbst.

Starker Manfred Zapatka

Das hat William Shakespeare noch komplizierter zusammengebaut, als es sich anhört, und wird auch trotz Dannemanns mutiger Entschleunigung nicht übersichtlicher. Die Figuren bleiben durchweg unscharf, was sogar den Octavius (Simon Werdelis) betrifft. Er ist der große Widersacher des Antonius und schließlich der Sieger, hier aber vor allem sehr jung und jungenhaft.

Ein wirklich interessantes Paar hingegen sind die Titelhelden: Manfred Zapatka ist mit seinen 72 Jahren zwar kein feuriger Lover mehr, aber in bewundernswerter körperlicher Verfassung und durchschreitet Schlafzimmer wie Schlachtfelder mit großväterlicher Grandezza. Langbeinig und wie ein schlecht erzogener Teenie durchstöckelt Hanna Scheibe mit ständig überkippender Stimme einen Machtpoker, von dem sie nur glaubt, sie könne mitspielen.

Residenztheater, 26. Juni, 19.30 Uhr, 9., 15., 17. Juli, 19 Uhr, Karten unter Telefon 21851940

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