Angeschnallt im Autokino
Qualmschwaden ziehen über die Szene, wenn sich der Vorhang öffnet. Oscar hat wieder seine besten Freunde zu einer Pokerrunde eingeladen. Das Catering besteht neben jeder Menge Zigaretten und Dosenbier auch aus Sandwiches, deren grüne Farbe auf „ganz jungen Käse oder ganz alte Salami“ schließen lassen. Vorbildliche Haushaltsführung ist nicht die Stärke des Gastgebers. So ist das Bühnenbild von Jan Freese in der Komödie im Bayerischen Hof zur Zeit allabendlich liebevoll mit Abfall dekoriert.
Weltberühmt wurde die unaufgeräumte Single-Bude durch die Verfilmung mit Walter Matthau und Jack Lemmon als „Ein seltsames Paar“. 2002 überarbeitete Neil Simon, der mittlerweile 86-jährige Alt- und Großmeister des Komödiantischen, sein Stück unter dem Titel „Oscar und Felix“. Felix ist das Gegenteil zum robust gestrickten Oscar: Ein „wandelnder Nervenzusammenbruch“, der sich „sogar im Autokino anschnallt“. Als er von der Gattin auf die Straße gesetzt wird, zieht er bei Oscar ein. Der putzfimmelige Neurotiker verwandelt Oscars begehbare Müllhalde in kürzester Zeit in ein Schöner-Wohnen-Idyll, was die Beziehung der gegensätzlichen Freunde schwer belastet.
Als schräges Duo haben Leonard Lansink (Oscar) und Heinrich Schafmeister (Felix) bereits Erfahrung aus der TV-Serie „Wilsberg“. Für eine Männer-WG mit dem Lebensgefühl eines alten Ehepaars sind der bullige Lansink und Schafmeister mit seinem markanten Knautschgesicht eine ideale Besetzung, und das Duo lässt Präzisionskomik abschnurren.
Doch das hilft ihnen nicht, denn Regisseurin Katja Wolff scheint weder dem bewährten Text noch ihren zuverlässigen Routiniers getraut zu haben. Überdeutlichkeiten wie in einem grob gezeichneten Comic machen die leichtfüßigen Dialoge schwerfällig. Der Unterschied zwischen Witz und Witzigkeit wird spätestens offenbar beim Auftritt der spanischen Schwestern aus der Nachbarschaft (Mirjam Radovic, Amor Schumacher). Statt einfach auf die Situationskomik zu setzen, bemüht die Inszenierung eine Choreografie (Betty Dir), die die Komödie auf dem Weg zur Revue verhungern lässt. Das Premierenpublikum reagierte reserviert.
Komödie im Bayerischen Hof, bis 8. 2., 20 Uhr (sonntags und feiertags 18 Uhr), Telefon 29 28 10
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