Angela Gheorghiu gastiert als Tosca

Opernfestspiele: Puccinis „Tosca“ mit Angela Gheorghiu, Thomas Hampson und Joseph Calleja im Nationaltheater
von  Robert Braunmüller
Puccinis „Tosca“ mit Angela Gheorghiu, Thomas Hampson und Joseph Calleja

im Nationaltheater
Puccinis „Tosca“ mit Angela Gheorghiu, Thomas Hampson und Joseph Calleja im Nationaltheater © Wilfried Hösl

Wenn sich Angela Gheorghiu von Thomas Hampson am Ende des ersten Akts galant zur Kirchentür geleiten lässt und sich doch wieder von ihm löst, sehen wir großes Virtuosentheater alter Schule. Sie verführt Scarpia und den Zuschauer gleichermaßen. Einen Akt später drängte sich der von Puccini ungewollte Eindruck auf, der eigentlich nette Polizeichef würde von einer fiesen Femme fatale unverdient um eine zärtliche Stunde gebracht und hingemordet.

Im Duett mit Cavaradossi führt die Gheorghiu einen kapriziösen Schleiertanz auf. Nach Scarpias Tod wäscht sie sich erst die Hände in Unschuld, um wild über die Bühne zu tigern. Luc Bondy hat sich das 2010 bei der Premiere anders vorgestellt – die verzweifelte Tosca dachte auf dem Fensterbrett über einen Selbstmord nach. Tosca trug damals auch kein Diadem, und ohnehin haben wechselnde Künstler diese schon damals unfrisch wirkende Puccini-Neuinszenierung vollends in die Opernsteinzeit zurückversetzt.

Das gibt gastierenden Stars eine Menge Freiraum, den die Gheorghiu bis zur Neige ausschöpft. Gesungen hat die 52-jährige Rumänin übrigens auch. Aber das bleibt ein Mosaikfunkelsteinchen in einem Kolossalfries, der von der kapriziösen Koketterie bis zur Tragödinnenkunst ein ganzes Universum an XXL-Theater umfasst.

Musik gab es auch

Thomas Hampson hält da mühelos mit. Er ersetzt sein für die Rolle nicht völlig geeignetes Stimmmaterial sehr geschickt durch Charisma. Beim von Bondy sinnfrei auf einen Balkon verlegten Auftritt des Polizeichefs erschreckt der Amerikaner durch seine pure physische Präsenz. Mit einer eigentlich zu kleinen und zu trockenen Stimme mogelt er sich durch das Te Deum. Im zweiten Akt überwiegt der Fiesling den Charmeur. Aber zuletzt wird an diesem Abend ein pflichtbewusster Staatsbeamter wegen ein paar lässlicher Sünden hingemordet.

Auf dem von Angela Gheorghiu bereiteten Fest der Manierismen wirkt Joseph Calleja wie ein naives Landei. Er singt den Cavaradossi mit einem an Luciano Pavarotti gemahnenden Tenor hell und metallisch. Die Stimme füllt das Nationaltheater mühelos. Bei den „Vittoria“-Rufen veranstaltet er keinen exaltierten Firlefanz. Zur abgrundtiefen Verzweiflung am Ende von „E lucevan le stelle“ dringt er nicht vor. Das bleibt bei Calleja ein rein tenoraler Augenblick.

Der Dirigent Marco Armiliato haut mit dem Bayerischen Staatsorchester im Zweifelsfall mächtig aufs Blech. Weil er allen Sängerwünschen nach Dehnung nachgibt, zerfällt die Aufführung in viele Einzelmomente. Beim großen Cellokonzert vor Cavaradossis Arie orientieren sich die Musiker an Robert Merrills Maxime „If in doubt, sing loud“.

Da denkt man dann, dass dieser Einstudierung wieder ein musikalischer Frühjahrsputz gut täte. Aber wir haben Sommer, und an diesem Abend mit großem Primadonnen-Theater war die Musik auch nicht so wichtig.

Nationaltheater, noch einmal am Freitag, 13. Juni, 19 Uhr, wenige teure Restkarten

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