Alfred Dorfer über "Gleich"
In seinem neuen Solostück, dem satirischen Ein-Mann-Theater namens "Gleich", schlüpft der österreichische Kabarettist und Gedankenturner Alfred Dorfer in raschem Wechsel in die unterschiedlichsten Figuren. Premiere ist am Donnerstag im Lustspielhaus, wo zuletzt auch sein Stück "Spinnen" mit verhaltenem Erfolg zu sehen war.
AZ: Herr Dorfer, bevor wir über Ihr neues Solo-Programm reden, müssen Sie nochmal erzählen, wie es zu "Spinnen" kam, Ihrem ersten Theaterstück seit "Indien" vor mehr als 30 Jahren. Sie haben ja Theaterwissenschaft studiert, im Theater in der Josefstadt dann auch gespielt, später Regie geführt...
ALFRED DORFER: Oper hab' ich auch noch gemacht, aber Regie, Gott sei Dank nicht gesungen. 2011 oder 2012 hat mich dann der damalige Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann angerufen und gemeint, ich sollte doch ein Vorbühnenstück schreiben, also: geringe Personagenzahl, kein Aufwand, kein Bühnenbild.
Nach dem Motto: Wir kaufen uns ein billiges Stück, geben aber mit dem großen Namen Alfred Dorfer an!
Gekauft wurde es dann ja nicht! Ich hab's geschrieben, und dann haben wir uns verkracht. Matthias Hartmann hat sich offenbar in dem Direktor aus dem Stück wiedererkannt…
… der nicht ganz so positiv rüber kommt.

Es gab Umschreibephasen, Diskussionen mit dem Dramaturgen - am Schluss war klar: Wir kommen nicht zusammen. Seitdem lag das Stück. Till Hofmann hat es sich noch vor Corona schicken lassen und meinte, das könnte was fürs Volkstheater sein. War es aber nicht, und Hofmann sagte: "Dann mach' ich's selbst."
Sie waren in der Genese bis zur Premiere gar nicht mehr involviert, oder?
Ich habe gleichzeitig am neuen Solo gearbeitet, bei Regie und Besetzung nicht mitgeredet. Kurzzeitig war ja Marcus H. Rosenmüller als Regisseur angedacht, was dann doch nicht geklappt hat. Ich wollte mich nicht einmischen, weil das so lästig ist, wenn Autoren Vorschläge haben. Bei "Indien" habe ich das gesehen: Das wurde auf allen Bühnen gespielt, ein paar Inszenierungen sah ich dann auch, aber das ist komplett woanders hin gegangen - und das ist auch gut so.
Ihr neues Programm hat Premiere am 29. Februar - ein besonderer Tag.
Am 29. Februar 1984 gab es ein "Sprungbrett" im kleinen Kabarett Niedermair in Wien: sechs Akteure, die dort die Chance bekamen eine Viertelstunde zu spielen. Auch dabei: ein gewisser Josef Hader - so habe ich ihn kennengelernt. Und da das Schaltjahr nur alle vier Jahre kommt, machen wir die Premiere nun am 29. hier in München. In Österreich spiele ich es erst im Herbst. Das mache ich ja schon seit 2006 so, seit der Premiere von "fremd".
Wie kommt's?
Ich hab' damals zum Till gesagt: "Mir geht die Wiener Szene so auf die Nerven - kann ich Asyl haben?" Seitdem spiele ich jedes Programm immer zuerst hier. Weil es für mich wahnsinnig entspannend und München und das Lustspielhaus mein zweites Zuhause ist.
Was geht Ihnen an der Wiener Szene so auf die Nerven?
Das kennen Sie doch auch: Wenn du über Jahrzehnte in einer Szene verweilst, immer dieselben Themen, Problematiken und Befindlichkeiten hörst, dann willst du das irgendwann nicht mehr hören.
Auch erstaunlich: Sie haben in Deutschland und der Schweiz die wichtigen Preise gewonnen, in Österreich nur den Kleinkunstpreis, gemeinsam mit Hader, für ‚Indien'. Davor, 1985, mit Ihrer Gruppe "Schlabarett" den Salzburger Stier. Als Solist: nix, nada, niente. Gilt der Prophet nichts im eigenen Land?
Wenn du diesen Preis in der Schweiz oder den im Mainzer Unterhaus bekommst, kannst du sicher sein, dass von den 30 Jury-Mitgliedern 20 dich gar nicht kennen. Es hat mich aber wirklich gefreut, weil da selten ein Österreicher gewinnt.

Klingt nach einem eher angespannten Verhältnis zur Heimat.
Da bin ich keine Ausnahme. Wenn du lange in einem Biotop herum schwimmst, willst du dich irgendwann absentieren. Musst du sogar.
Ihr neues, achtes Soloprogramm heißt "Gleich". Worum geht's?
Diesmal wollte ich eine fiktionale Geschichte erzählen. Eine, die ich mir auch gut als Film vorstellen könnte. Es geht lange darum, was man sieht und was wirklich ist. Und um die Frage: Was sollen wir mit diesen vielen alten Menschen machen? Die zu teuer sind, kränkeln, große Immobilien haben, aber immer noch die Kaufkräftigsten sind. Lustigerweise hat mich die Realität eingeholt: Irgendwo in Frankreich plant man nun die Aussiedlung in eine Alten-Stadt. Und für ein solches Alten-Ghetto soll ich im Stück den Clown geben, was ich natürlich ablehne - um im zweiten Teil dann doch in einem solchen Theater zu stehen. Ich habe mich offenbar breitschlagen lassen. Formal ist das die Mischung eines Stücks mit dem alten Nummern-Kabarett, eine Herzensnummer über die Sozialdemokratie. Denn es geht nicht nur ums Altern, sondern um die Frage: Wo steht unsere Demokratie, unsere Gesellschaft?
Und? Wo steht sie?
On the edge. Es geht um Egokratie, die völlige Aufgabe sozialen Denkens, die Zurückdrängung des Ich-denke-für-eine-Gruppe.
Woher rührt eigentlich Ihr Hang zu diesen extrem kurzen Titeln? Von Ihren acht Solo-Programmen ist kein Titel länger als zwei Worte.
Mich fasziniert es, dass man den Fokus auf nur ein Wort geben kann. Und oft waren die Titel in den Programmheften auch einfach falsch geschrieben!
Premiere am 29. Februar im Lustspielhaus, weitere Vorstellungen bis 23. März, bis auf zwei Zusatzvorstellungen bereits ausverkauft
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