Kritik

Alfred Dorfer spielt "Gleich"

Der österreichische Kabarettist mit seinem neuen Programm im Lustspielhaus
von  Mathias Hejny
Der österreichische Kabarettist Alfred Dorfer.
Der österreichische Kabarettist Alfred Dorfer. © Moritz Schell

Gleich am Beginn ein kleiner Theatercoup. Der Kabarettist humpelt mit verletztem linken Fuß auf die Bühne und erzählt etwas von der Gefährlichkeit von Sport, und in seinem Fall war es "Duschsport" im Badezimmer. Dann steht er überraschend behende auf, schält sich aus dem klobigen medizinischen Schuh, das verblüffte Publikum bestaunt eine "Spontanheilung" und der Künstler stellt fest: "Verletzt war ich Ihnen sympathischer".

Zwei Stunden später beendet Alfred Dorfer sein neues Programm "Gleich" mit der wunderschönen Episode von einem Kind im Flugzeug: Das kleine Mädchen erspäht beim Landeanflug Kühe und winkt ihnen zu. Beleidigt fragt sie, warum die Kühe nicht zurückwinken. Der Vater erklärt ihr, dass sie mit dem Fressen beschäftigt sind und wenn sie winken, würden sie dabei umfallen. Daraus nachdenkliche Schlüsse zu ziehen, gibt Dorfer seinem Publikum mit auf den Heimweg.

Hochpolitisch ohne Politikerbashing

Auch über den Titel nachzugrübeln ist Denkfutter für die unten im Saal: Geht es um die Gleichheit der Menschen oder um eine Gesellschaft, der alles gleich ist? Und "wenn alles gleich ist, ist dann alles wurscht?". Seine hochpolitische Satire kommt ohne Politikerbashing aus. Scholz oder Habeck, Aiwanger oder Merz, Trump oder Putin kommen nicht vor. Statt dessen lästert er gerne über das Namedropping mancher seiner Kollegen.

Probeweise wirft er das Stichwort "Söder" in den Raum und hat einen garantierten Lacher ohne Pointe. Lieber denkt er über die Leute nach, die die Mächtigen wählen oder den Bedeutungswandel eines Zauns. Ursprünglich heiße ein Zaun, "das gehört mir". Heute ist die Botschaft: "Das gehört dir - nicht!" Auch Dorfers Terminplanung ist dramaturgisch durchdacht, denn die Premiere seines achten Solos fand nicht zufällig an einem 29. Februar statt. An diesem seltenen Datum startete der Theaterwissenschaftler und Schauspieler auf den Tag genau vor 40 Jahren im Kabarett Niedermair seine Karriere als Kabarettist.

Profundes Schauspielerhandwerk

Vorstellungen vor fünf Zuschauern und einem Hund, an die er sich aus den frühen Jahren erinnert, sind lange her, denn wo Alfred Dorfer draufsteht, sind ausverkaufte Häuser drin. Das Lustspielhaus, wo seine Programme seit 2006 im Münchner Asyl weit weg von der Wiener Kleinkunstszene ihre Premieren feiern, war selbstverständlich ausverkauft. Der Plot, an dem Dorfer seine famosen Stand-up-Nummern scheinbar lose aufhängt, ist altersgerecht: Der 62-Jährige wird als Komiker in ein Alten-Ghetto engagiert.

Dort trifft er auf den notorisch gut gelaunten, aber bildungsfernen Geschäftsführer der Seniorenstadt und Herrn Nagy, den ebenso humorlosen wie kulturfernen Bühnentechniker aus Ungarn. Dabei schöpft Dorfer aus seinem profunden Schauspielhandwerk. Auch von der mutterwitzig böhmakelnden Großmutter bis zum Bären auf der Jagd nach Joggern spielt er sich durch das gesellschaftlich breit aufgestellte Personal einer bösen Komödie, in der er komischer ist als je, ohne seine philosophische Bodenhaftung zu verlieren. Der neue Dorfer ist ein ganz großer Abend.

Lustspielhaus, die Vorstellungen bis 22. März sind ausverkauft. Zusatzvorstellungen am 23. März, 19.30 Uhr im Leo 17, Telefon 344974 und am 11. April, 20 Uhr, in den Kammerspielen, Telefon 2339660

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