Interview

Alexander Krist: Den Frust wegzaubern

Der Münchner Magier Alexander Krist hat in seinen Zauberpalast Kristelli investiert, den er bislang nicht öffnen konnte. Wie man das aushält? Am Samstag zaubert jetzt sein Kollege Simon Pierro für Krist einmal im Internet.
von  Adrian Prechtel
Alexander Krist in seinem Revuezelt "Kristelli", das er bislang noch nicht eröffnen konnte. Jetzt darf Simon Pierro online auftreten
Alexander Krist in seinem Revuezelt "Kristelli", das er bislang noch nicht eröffnen konnte. Jetzt darf Simon Pierro online auftreten © Foto: Sigi Müller

München - Vor 13 Jahren mietete Alexander Krist im Asamhof Räume für seine Zaubershow. Schon zwei Jahre später verwirklichte er dann den Traum vom eigenen Theater. Aber das kleine Theater steht seit einem Jahr leer: "Weil selbst ein Hygienekonzept mit nur 9 statt 51 Zuschauern nicht genehmigt wurde." Krist pachtete deswegen einen größeren Ort, das ehemalige Theaterzelt "Das Schloss", das nach seiner Großinvestition nun "Kristelli" heißt. Im Oktober sollte es eröffnen - und blieb seitdem zwangsgeschlossen.

AZ: Herr Krist, sind Sie ein Träumer?
ALEXANDER KRIST: Ja, schon für das Zaubertheater am Unteren Anger wollte erst keine Bank die Kredite riskieren. Ich bin dann dahin gegangen, wo ich in der ersten Klasse mit Schulsparen begonnen hatte. Und die haben gesagt: "Herr Krist, wir kennen Sie, seitdem sie sechs Jahre sind: Da kann man schon Vertrauen aufbauen." Ich habe das Geld damals bekommen. Aber natürlich war ich erst nach sechs Jahren aus den roten Zahlen, obwohl meine Shows fast immer ausverkauft waren.

Das Kristelli konnte er bislang noch nicht bespielen

Jetzt haben Sie das Theaterzelt "Das Schloss" komplett umgebaut zu einem edlen varietéartigen Ort, mit Lüstern und roten Samtvorhängen.
Im Sommer habe ich beschlossen, dass es irgendwie weitergehen muss. Ich kann keine Couchpotatoe sein und nur rumhocken. Ich habe gesucht und das Theaterzelt gefunden. Es war ja eine Eventlocation, die in Coronazeiten auch nicht mehr entsprechend genutzt werden konnte. Ich habe mir gedacht: 400 Personen würden unter normalen Bedingungen vielleicht reingehen, aber ich mache es natürlich nur für die erlaubten 100 Personen in Innenräumen, und wenn sich die Lage bessert, für 200. Dann erfuhr ich: Es dürften nur noch 50 Zuschauer sein. Man hat mir immer wieder mit Eröffnungsszenarien Hoffnung gemacht. Aber bis jetzt konnte ich mein Kristelli nie bespielen.

So eine große Investition zahlt sich ja nicht von alleine zurück.
Ich bekomme schon E-Mails nach dem Motto: "Ja, Herr Krist, Sie schulden uns ja noch 100.000 Euro…" Ich sage dann halt: "Hallo! Ich zahle schon. Aber Sie haben vielleicht mitbekommen, dass seit über einem Jahr…" Die letzte E-Mail dieses Inhalts war von der Stadt München wegen der Pacht. Aber ich habe noch nicht die Dezemberhilfe ausgezahlt bekommen, so dass ich momentan jedenfalls nichts zahlen kann.

Aber wie können Sie in so einer Situation noch schlafen?
Ich habe eine Frau, die mich beruhigt und vom Harakiri abhält. Ich kenne allerdings nächtliche Atemnot. Dann schaue ich mir zur Beruhigung ein Fake-Video mit Angela Merkel an, in dem sie mit anderer Stimme in Endlosschleife sagt: "I reg mi ned uff…"

Eine Online-Show mit Simon Pierro

Für diesen Samstag haben Sie eine Online-Show ins Programm genommen.
Da ich coronabedingt mit dem großen Magier Simon Pierro keine Show zusammen machen kann, kündige ich ihn nur selbst an. Und dann legt er los. Für mich ist wichtig, dass die Leute weiterhin mich und das Kristelli im Kopf behalten. Es wird ohnehin wahnsinnig schwierig werden, Aufmerksamkeit zu bekommen, wenn alle Kultureinrichtungen im Herbst wieder aufmachen. Da sind dann die Theater mit dem dicken Werbebudget im Vorteil. Es wird ein großer Kampf werden.

Simon Pierro zaubert mit dem iPad. Was kann man sich darunter vorstellen?
Pierro ist eine ganz große Nummer mit Millionen Klicks. Er wird von allen Internetfirmen gebucht, in US-Talkshows ist er ein Stargast. Bei uns kennt man ihn vor allem durch die Sendung "Verstehen Sie Spaß?".

Wenn man ein virtuelles Gerät wie ein iPad zum Zaubern nutzt und das Publikum dies "nur" online verfolgen kann, ist das doch eine Doppelung…
Ich kenne Simon Pierro seit 15 Jahren und habe die aktuelle Show gesehen. Er spielt mit dem Digitalen selbst. Zum Beispiel hat er einen kleinen Roboter neben sich. Der ist ein Schlaumeier und zeigt mit seiner eigenen Kamera, wie der Zaubertrick funktioniert, schaut also scheinbar hinter das Geheimnis, bis Simon Pierro ihm auch diese Illusion wieder nimmt - und das Geheimnis bleibt.

Normalerweise darf man ja in Zaubershows nicht filmen, damit man die Ablenkungen und blitzartigen Bewegungen nicht dechiffrieren kann…
Und hier spielt Simon Pierro eben mit dem Gegenteil: dem digitalen Bild und den interaktiven Möglichkeiten des Internets mit den Zuschauern in der Zoom-Konferenz. Digitale Magie ist das Gegenteil von klassischen abgefilmten Tricks, sondern etwas Anderes, Aktuelles, eben digital Magisches.

Die Zaubershow "World Wide Wonders" von Simon Pierro ist am morgigen Samstag um 19.30 Uhr online zu sehen. Anmeldung für 25 Euro unter www.magic-theater.de

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