Akrobatisch um den Globus

Phileas Fogg und seinen Freunden würde das repräsentative Ambiente der Wittelsbacher Sommerresidenz gefallen. Aber um ins Königreich Bayern zu kommen, hätten sie sich aus der Komfortzone ihres Londoner Clubs heraus bewegen müssen. Nur Mister Fogg wollte, angespornt von den Technologiesprüngen seiner Epoche, dann das ganze Paket, und wettet mit seinen Upper-Class-Kumpeln, in 80 Tagen um die ganze Welt zu reisen.
Seine erste Etappe führt mit dem Ballon gleich nach Brindisi an der südlichen Adriaküste, von wo man sich nach Suez mit Anschluss an den Rest der Welt einschiffen konnte. "In 80 Tagen um die Welt" des französischen Technikfantasten Jules Verne aus dem Jahr 1873 ist inzwischen ein Literaturklassiker, der wegen seiner abenteuerreichen Schauplätze in Europa, Asien und Amerika frühzeitig und bis heute im Kino und im Fernsehen erzählt wird.
Das ganz große Kino geht freilich im Freilichttheater nicht. Stattdessen spielt das Münchner Ensemble Persona temporeich mit der Magie des Zirkus.
Aus dem reichen Phileas Fogg, wird Zirkusdirektorin Philea
An den Phileas Fogg, wie ihn Regisseur Tobias Maehler für die Sommerfestspiele im Schloss Nymphenburg inszeniert, muss man sich ein wenig gewöhnen. Er ist hier kein reicher und schrulliger Müßiggänger, der vom Leben außerhalb des exquisiten Reformclubs leicht überfordert ist. Die Figur heißt Philea, ist eine Dame und Zirkusdirektorin.
Anja Neukamm spielt sie charmant, aber als Autoritätsperson, die ihre Mitmenschen im Griff hat wie eine Dompteuse ihre Raubtiernummer. Da kuschen nicht nur der zu Widerspruch grundsätzlich durchaus neigende Butler Passepartout (Yannick Zürcher), sondern auch der Scotland-Yard-Inspektor Fix (Marcus Widmann), der Lady Fogg verfolgt, weil sie eine Bankräuberin sein soll.
Auf Augenhöhe bleibt nur die junge Witwe Aouda (Chiara Penzel), die in Indien zur Reisegesellschaft stößt.
"Die ganze Welt ist ein Zirkus"
Mit dem für das 19. Jahrhundert eher unglaubwürdigen Gendertrick hat man auch jede aktuelle Debatte von der Bühne geräumt, die den nicht so ganz alten weißen Mann auf Weltreise mit Blick auf Sexismus und Rassismus begleiten könnte. "Die ganze Welt ist ein Zirkus", sagt Philea einmal, und für die Sommernacht im Garten geht das spielerische Konzept wunderbar auf. Daniela Maier ist eine wirkliche Akrobatin, die sich mit großer Anmut auf Kontorsion und Equilibristik versteht. Das übrige Schauspielensemble schöpft mit Salti, Radschlagen, Handständen oder beim Stelzenlaufen das Potenzial an Staunen im Theater bewundernswert souverän aus.
Innenhof im Nordflügel des Schlosses Nymphenburg, 27. Juli, 4., 6., 9., 17., 21. August, 20 Uhr, Karten unter Telefon 54818181