Abschied vom "Spatzl": Ein Nachruf auf Ruth Maria Kubitschek

Sie war auf dem "Traumschiff" an Bord, spielte im "Tatort" oder in der Serie "Das Erbe der Guldenburgs" im Zweiten. Kultstatus erlangte Ruth Maria Kubitschek an der Seite von Helmut Fischer als Annette von Soettingen alias "Spatzl" in der TV-Serie "Monaco Franze - Der ewige Stenz" des Bayerischen Rundfunks und 1985 als Verlegerin einer der AZ nicht unähnlichen Münchner Zeitung in Helmut Dietls Kult-Serie "Kir Royal".
Am Samstag ist die Schauspielerin im Alter von 92 Jahren in einem Krankenhaus im schweizerischen Ascona am Lago Maggiore gestorben. Dort hatte sie seit 2022 gelebt, davor lange am Bodensee. Seit 2013 besaß sie die schweizerische Staatsbürgerschaft.
Ein Wechsel in die andere Welt
"Die Grande Dame des deutschen Film- und Fernsehschauspiels hat in ihrer Wahlheimat nach kurzer, schwerer Krankheit leise Abschied vom Leben genommen", hieß es in einer Mitteilung. "Die Erde gab mir ein wunderschönes Zuhause auf dieser Welt. In tiefer Dankbarkeit wechsele ich in die andere Welt. Es gibt sie, Sie können es mir glauben", seien ihre letzten Worte gewesen.
Die Trauerfeier soll im engsten Familienkreis stattfinden.
Geboren wurde die Schauspielerin 1931 in Komotau (heute Tschechien) am Rande des Erzgebirges. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges floh die Familie nach Sachsen-Anhalt. Gegen den Willen ihrer Eltern besuchte sie Schauspielschulen in Halle und Weimar. Ihr Debüt gab sie als Fina in Bertolt Brechts "Herr Puntila und sein Knecht Matti" in Halle.
Erfolg im Osten und im Westen
Innerhalb weniger Jahre wurde sie zu einem Star des DDR-Fernsehens und der Defa. 1959 ging sie mit ihrem Sohn in den Westen. Ihr damaliger Mann, der Regisseur Götz Friedrich, blieb in der DDR, durfte aber auch im Westen inszenieren.

Am Schlosstheater in Celle begann Kubitscheks westdeutsche Karriere, später stand sie auch auf der Bühne der Münchner Kammerspiele. Bald folgten Rollen in Fernsehproduktionen - Auftritte in "Lysistrata" (1961), "Die Powenzbande" (1973) oder die Titelrolle in "Melissa" (1966). 2013 spielte sie in dem Kinofilm "Frau Ella" schließlich ihre letzte Rolle.
"Mit 40 habe ich auch gedacht: Oh Gott, jetzt werde ich alt, und alles ist vorbei", sagte sie anlässlich ihres 80. Geburtstags der AZ. Dann sei es aber immer besser geworden: "Mit 50 war es schon längst nicht mehr so schlimm."
"Spatzl, schau wia i schau!"
Zum 50. Geburtstag bekam Kubitschek ein besonderes Geschenk: Helmut Dietl holte sie in seine Serie "Monaco Franze". Helmut Fischers legendärer Satz "Spatzl, schau wia i schau!" galt ihr und verfolgte sie bis ins hohe Alter - im positivsten Sinn.
"Ich war damals in einer Sackgasse", gestand sie der AZ. "Diese Arbeit war wie eine Befreiung."
Die Schauspielerin war damals eher für seriöse Rollen bekannt - etwa durch Auftritte an den Münchner Kammerspielen. Selbstverständlich war ihre Besetzung als "Frau, die ihren Mann an der langen Leine lässt, aber im letzten Moment anzieht", deshalb nicht. "Wie ich gehört habe, haben mich Helmut Fischer und Helmut Dietl für das Spatzl gemeinsam ausgesucht, weil ich nicht ganz so schlank wie andere Schauspielerinnen bin und mein Busen ihren Vorstellungen für die Rolle entsprach", erinnerte sich Kubitschek.
Neuanfang mit 60
Und auch die nächste Dietl-Serie, in der sie spielte, wurde Kult. In "Kir Royal" wollte sie es als Zeitungsverlegerin von Unruh immer ein bisschen vornehmer und seriöser als ihr Klatschreporter Baby Schimmerlos (Franz Xaver Kroetz) und dessen Fotograf Herbie (Dieter Hildebrandt).

Im Alter von 60 Jahren fing sie noch einmal von vorne an. Sie ließ München hinter sich und zog ins schweizerische Fruthwilen in der Gemeinde Salenstein am Bodensee, um sich um ihren "Naturkraftort" zu kümmern: ihren Garten. Sie liebe die Schweizer Zurückhaltung, meinte sie 2019. "Wenn ich in München leben würde, würde ich größenwahnsinnig», sagte sie. Da kämen ständig Leute auf sie zu. «Hallo Spatzl, können wir ein Foto machen?"
Kubitschek blieb als Schauspielerin im Geschäft, malte und schrieb Romane. Ihren zehnten ("Sterne über der Wüste") veröffentlichte sie 2011. Drei dieser Bücher wurden verfilmt, jedes Mal spielte sie selbst mit. Rollenangebote, die zu ihrem Alter passen, seien eben nicht so häufig, sagt sie damals.
Meditation und Esoterik
Ab 1976 lebte Kubitschek mit dem TV-Produzenten Wolfgang Rademann ("Das Traumschiff" zusammen. "Mit Wolfgang wurde es nie langweilig. Er war frech wie Oskar und ist dadurch jung geblieben", sagte sie nach seinem Tod im Mai 2016 über ihre langjährige Beziehung ohne Trauschein.

Nach Rademanns Tod brauchte sie Abstand und ging mit einer Meditationsgruppe nach Brasilien. Auch davor hatte sie sich viel mit Esoterik beschäftigt und darüber mehrere Bücher geschrieben.

Ihr Rezept für ein glückliches Alter
Im Alter von 86 Jahren zog sie sich ganz aus der Öffentlichkeit zurück und gab letzte Interviews. Kubitschek lebte bis zum Frühjahr 2022 in Salenstein, dann zog sie nach Ascona an den Lago Maggiore um.
"Früher war mir Yoga wichtig - aber damit habe ich jetzt aufgehört", antwortete sie einmal auf die Frage nach einem Rezept für ein glückliches Alter. "Heute öle ich mich ein, reinige mich innerlich mit richtigem, gutem Essen. Fertiggerichte kommen nicht auf meinen Tisch. Ich glaube, dass gesundes Essen viel zur Fitness beiträgt. Sehr viel halte ich auch von Bädern mit Salz aus dem Toten Meer, bei entspannender Musik. Mit dem Ergebnis meiner Methode bin ich durchaus zufrieden."