Büchner-Preis geht an Josef Winkler

Darmstadt (dpa) - Der österreichische Schriftsteller Josef Winkler (55) erhält den Georg-Büchner-Preis 2008.
von  Abendzeitung

Darmstadt (dpa) - Der österreichische Schriftsteller Josef Winkler (55) erhält den Georg-Büchner-Preis 2008.

Winkler werde mit der wichtigsten deutschen Literaturauszeichnung geehrt, weil er «auf die Katastrophen seiner katholischen Dorfkindheit mit Büchern reagiert, deren obsessive Dringlichkeit einzigartig ist», teilte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt mit. Der Büchner-Preis ist mit 40 000 Euro dotiert und wird am 1. November in Darmstadt überreicht.

Winkler, am 3. März 1953 als Sohn eines Bauern in Kamering in Kärnten geboren, lebt heute in Klagenfurt. Die Jury der Akademie schrieb in der Begründung der Preisvergabe: «Was Winkler seit seinem ersten Roman "Menschenkind" (1979) in einer barock-expressiven Sprache immer neu anklagt, bildet zugleich das produktive Element einer Hassliebe, in der Blasphemie und Frömmigkeit, Todessehnsucht und Todesangst sich zu einem bewegenden Abgesang auf eine untergehende Welt vereinen.»

Zu Winklers Werken, in denen häufig der Tod, der Katholizismus und die Homosexualität thematisiert werden, gehören «Muttersprache» (1982), «Die Verschleppung» (1983) und «Der Leibeigene». 2007 erschien «Roppongi. Requiem für einen Vater». «Ich bin in einem katholischen Dorf aufgewachsen, und die Kindheit und Jugend sind für jeden Schriftsteller etwas ganz Einprägendes», sagte Winkler der Deutschen-Presse Agentur dpa in Darmstadt. Der Tod sei ein herausragendes Thema, das sich im Prozess des Schreibens ungeplant immer wieder selbst aus der Sprache entwickele.

Im September soll bei Suhrkamp Winklers neues Buch,«Ich reiß mir eine Wimper aus und stech dich damit tot» erscheinen. «Das sind elf oder zwölf poetologische Reportagen, in denen viel von Reisen, von Unglücken und von Büchern die Rede ist», sagte Winkler.

Winkler arbeitet seit 1982 als freier Schriftsteller. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Klagenfurt. Im Sommersemester 2007 hatte er die Poetikdozentur an der Universität in Frankfurt am Main inne. Der Autor hielt sich längere Zeit in Rom und im indischen Benares auf. Seine Eindrücke aus diesen Ländern verarbeitete er literarisch und überraschte etwa 1996 mit dem Roman «Domra. Am Ufer des Ganges». In dem Werk schildert er akribisch die Arbeit der indischen Einäscherer «Domra» und scheut dabei nicht vor für manche Leser möglicherweise unappetitlichen Beschreibungen zurück. Die Jury der Deutschen Akademie schrieb: «Winklers neuere Bücher erweitern, nach der eindringlichen Beschreibung der Erfahrung Roms ("Friedhof der bitteren Orangen", "Natura Morta"), seinen dichterischen Kosmos noch um die fremde Nähe Indiens.»

Winkler wurde unter anderem mit dem Kranichsteiner Literaturpreis (1990), dem Bettina-von-Arnim-Preis (1995) dem Berliner Literaturpreis (1996) und dem Alfred-Döblin-Preis (2001) ausgezeichnet. 2005 wurde er mit dem Franz Nabl Literaturpreis der Stadt Graz geehrt, in der Begründung urteilte die Jury über den Kärntner: «Souverän gelingt es ihm, von genau betrachteten Wirklichkeitsbildern ausgehend, autonome Sprachbilder zu entwerfen, die allesamt sehr eigenwillig sind und - mit Blick auf die zeitgenössische Literaturproduktion - auch sehr eigenständig Tod und Sterben als Dreh- und Angelpunkt setzen.»

Im vergangenen Jahr ging der renommierte Georg-Büchner-Preis an den Frankfurter Schriftsteller Martin Mosebach («Der Mond und das Mädchen»). Frühere Preisträger waren etwa Oskar Pastior, Gottfried Benn, Friedrich Dürrenmatt, Heinrich Böll, Erich Kästner, Günter Grass, Elfriede Jelinek, Wolfgang Hilbig, Wilhelm Genazino oder Brigitte Kronauer. Die begehrte Auszeichnung ist nach dem deutschen Dramatiker und Revolutionär Georg Büchner benannt, der 1813 im Großherzogtum Hessen geboren wurde und 1837 in Zürich starb.

Die seit 1950 in Darmstadt ansässige Akademie für Sprache und Dichtung hat festgelegt, dass die Auszeichnung nur Schriftsteller und Dichter erhalten sollen, die «in deutscher Sprache schreiben, durch ihre Arbeiten und Werke in besonderem Maße hervortreten und die an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben».

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