Neuer Roman von Lisa Eckhart: Ein Feuerwerk der Vulgärpoesie

Lisa Eckharts zweiter Roman "Boum" schickt eine Österreicherin in die Abgründe von Paris.
von  Katrin Kaiser
Provokant sexy: Die 1992 im steiermärkischen Leoben geborene Kabarettistin und Autorin Lisa Eckhart.
Provokant sexy: Die 1992 im steiermärkischen Leoben geborene Kabarettistin und Autorin Lisa Eckhart. © Peter W. Czernich für Marquis Magazine

Ein Gauloise-rauchender Terrorexperte im Trenchcoat, dem blindwütig alle Frauenherzen zufliegen. Ein Liebespaar, das verbal keine gemeinsame Sprache spricht und in einer engen Studiowohnung so viel Sex hat, dass beide Wundcreme benötigen. Und die grotesken Chefs der Pariser Unterwelt, die mit ihrer Entourage aus unechten Krüppeln, Huren und Kriminellen in den Katakomben der Stadt hausen.

Wilder, satirischer Ritt durch Zeitgeschichte und Gegenwart

Das ist das Personal in "Boum", dem neuen Roman der Kabarettistin Lisa Eckhart. Wie bereits Eckharts Debütroman "Omama" zelebriert nun auch das aktuelle Buch einen wilden, satirischen Ritt durch Zeitgeschichte und Gegenwart, der den Leser teils angeekelt mit den Ohren schlottern und teils amüsiert schmunzeln und zustimmen lässt.

Lisa Eckhart schickt eine junge unbedarfte Österreicherin, die mit den Tücken der französischen Sprache heillos überfordert ist, auf eine Reise durch die Abgründe der Hauptstadt. Die Szenen des Romans changieren zwischen klischeehaft überzeichneter Paris-Romantik und eiskalter Vulgarität. Immer wieder geht es um die harten oder schlaffen "Schweife" von Filous, Konzernchefs, Vereinspräsidenten und Kommissaren und um die Erniedrigung von Frauen, die diesen Männern wahlweise als "Werkbank" oder Gelegenheit zur "Vertiefung" dienen.

Aloisa, die "Autrichienne" (Österreicherin), die die arroganten Franzosen immer wieder nur allzu bereitwillig zur "autre chienne" (andere Hure) machen, wird durch die Verkettung verschiedener Umstände quasi aus Versehen zur Prostituierten. Die Tatsache, dass sie weder Französisch spricht noch versteht, macht sie für ihre Freier, denen "die Einsamkeit zu wenig und die Zweisamkeit zu viel ist", zum perfekten weiblichen Gegenüber: "Viele Männer wollen nur reden. Das heißt reden ohne Zuhören. Weder wollen sie zuhören, noch soll ihnen zugehört werden. Mehr noch als in einen Schoß wollen sie auf taube Ohren stoßen."

Die Verachtung jeglicher politischen Korrektheit

Vor allem karikiert das Buch männliche Perversion und Bestätigungssucht bis ins letzte Detail. Aber auch die Frauen kommen bei Lisa Eckhart gewohnheitsmäßig nicht allzu gut weg. Sie sind getrieben von Voyeurismus, naiven Liebessehnsüchten und monetären Interessen.

Was den typenhaften Figuren und den slapstickhaften Szenen in "Boum" fehlt, ist einzig das Entwicklungspotenzial. Obwohl jedes Bild, jede Konstellation für sich genommen großartig ist, trägt sich Eckharts Feuerwerk der Vulgärpoesie nicht ganz über die mehr als 300 Seiten.

Zuweilen sehnt man sich nach der zeitlichen Begrenztheit und der Live-Qualität ihrer brillanten Kabarettprogramme. Wer diese Sehnsucht jetzt schon nachvollziehen kann, dem seien das von der Autorin selbst ganz wunderbar eingesprochene Hörbuch oder das "Kabarett zum Buch" empfohlen.

Denn bei allen Längen macht es vor allem Spaß, wie Lisa Eckhart die Verachtung jeder politischen Korrektheit auf die Spitze treibt. Vieles ist dabei so exakt getroffen und so intelligent überspitzt, dass man beim Lesen oder Zuhören immer wieder laut lachen muss.


Lisa Eckhart: "Boum" (Zsolnay, 365 Seiten, 25 Euro, E-Book 18,99 Euro, Hörbuch bei Lübbe Audio). Das Kabarett zum Buch an diesem Sonntag, 15 Uhr, im Leo 17, Karten über www.muenchenticket.de. Um 19.30 Uhr im Leo 17 Kabarettprogramm "Die Vorteile des Lasters" (ausverkauft)

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