Münchner beim Bachmann-Preis: Deluxe-Tinder der Verlagsbranche

Während bei der Fußball-EM Mannschaften vor Publikum um den Sieg kämpfen, ist bei den "Tagen der deutschsprachigen Literatur" nur die Jury vor Ort. 14 Autoren und Autorinnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz präsentieren ihre Texte in aufgezeichneten Videos und werden erst bei den Jury-Diskussionen live zugeschaltet.
Ingeborg-Bachmann-Preis wird am Sonntag verliehen
"Bei Fußballmannschaften gibt es Ersatzspieler. Wir haben keine Ersatzspieler", erklärt Organisator Horst Ebner. Schon ein einziger Corona-Fall hätte die Veranstaltung gefährden können, sagt er.
Nach der Eröffnungsrede des ehemaligen Juryvorsitzenden und Literaturkritikers Hubert Winkels am Mittwoch werden die Texte an drei darauffolgenden Tagen präsentiert und diskutiert. Am Sonntag findet die Preisverleihung statt. Zu den Veteranen im Teilnehmerfeld gehört Heike Geißler aus Leipzig, die schon 2008 am Wettlesen teilnahm. Seitdem hat sie unter anderem eine Reportage über ihre Arbeit beim Versandriesen Amazon veröffentlicht.
Junge Autorin Dana Vowinckel arbeitet an ihrem ersten Roman
Eine der jüngsten Autorinnen kommt ebenfalls aus Deutschland: Die 1996 geborene Dana Vowinckel, die an ihrem ersten Roman arbeitet.
Fünf weitere deutsche Schriftsteller sind dieses Mal dabei: Timon Karl Kaleyta, Necati Öziri, der als Autor am Nationaltheater Mannheim engagiert ist, Anna Prizkau, die in ihrem Debütroman "Fast ein neues Leben" das Leben einer Einwandererfamilie in Deutschland beschrieb und die Autorin und Musikwissenschaftlerin Nadine Schneider.
Leander Steinkopf: Giesinger vermisst "die körperliche Erfahrung"
Der Autor Leander Steinkopf, lebt derzeit mit seiner Familie in Giesing und bedauert, dass der 1976 ins Leben gerufene und lange Zeit von Jury-Mitglied Marcel Reich-Ranicki geprägte Wettbewerb nur digital stattfindet. "Ich wäre viel lieber hingefahren", sagt er, "jetzt vermisse ich die körperliche Erfahrung, die Anspannung fühlt sich eher unnatürlich an."
Steinkopf auf Einladung von Vea Kaiser im Wettbewerb
Steinkopf liest gerne vor Publikum, vor allem, weil er dieses gerne unterhält. Eine Qualität, die in Klagenfurt oft nicht sonderlich von der Jury geschätzt wird. Aber das kann dieses Jahr anders sein.
Steinkopf kam auf Einladung der österreichischen Jurorin und Autorin Vea Kaiser ("Blasmusikpop") in den Wettbewerb, diese gab ihm auch gleich eine Empfehlung mit auf den Weg: sich nicht schon vor der Lesung an einen Verlag zu binden, schließlich sei der Wettbewerb eine Art "Tinder Deluxe Abo", bei der häufig Autoren und Verlage zusammenfinden.
Steinkopf: ""Ich bin überzeugt von meinem Text"
Steinkopfs Text ist schon zwei Jahre alt, geschrieben hat er ihn und andere Erzählungen bei einem mehrmonatigen Aufenthalt in den bulgarischen Rhodopen. "Ich habe dort mit meiner Frau in einer Villa gelebt und die idyllische Schreibatmosphäre war superproduktiv", sagt Steinkopf. Für Vea Kaiser jedenfalls ist die Erzählung, über deren Inhalt Steinkopf nichts verraten darf, eine Geschichte, nach der man sich sehnt, wenn man ein Jahr Lockdown hinter sich hat.
Nach den vergangenen 15 Monaten kann ein bisschen Stimmungsaufhellung wahrlich nicht schaden. Kritik fürchtet Steinkopf ohnehin nicht: "Ich bin überzeugt von meinem Text, er ist unterhaltsam und witzig", sagt er.
Bei dem Wettbewerb geht es um den mit 25.000 Euro dotierten Hauptpreis in Erinnerung an die Dichterin Ingeborg Bachmann (1926-1973), sowie um einige weitere Auszeichnungen. Voriges Jahr gewann die damals 80-jährige Berlinerin Helga Schubert. Sie ist die älteste Gewinnerin des Wettbewerbs. Thomas Lang war 2005 mit einem Auszug aus seinem Roman "Am Seil" der bislang letzte Sieger aus München. Aber das kann sich ja wieder ändern.