Interview

Grace Kelly: Im Palast die Frau von nebenan

Thilo Wydra über die Schauspielerin und Fürstin Grace Kelly, die vor 40 Jahren starb.
Adrian Prechtel
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Die ehemalige Schauspielerin Grace Kelly und spätere Fürstin Gracia Patricia von Monaco.
Die ehemalige Schauspielerin Grace Kelly und spätere Fürstin Gracia Patricia von Monaco. © picture alliance/dpa/AP

Am 13. September 1982, morgens stürzt der Wagen von Grace Kelly mit ihrer Tochter Stephanie bei Monaco 40 Meter über einen Abhang in die Tiefe. Am 14. September spätabends stirbt Gracia Patricia im Krankenhaus. Was bleibt von der Hollywoodikone und Fürstin von Monaco, die nur 52 Jahre alt wurde?

AZ: Herr Wydra, Sie haben zu den aktuellen Todestagen eine Doppelbiografie "Grace Kelly und Diana Spencer" verfasst. Warum ist uns Grace Kelly immer noch präsent?
THILO WYDRA: Wenn Millionen Menschen - wie jetzt wieder bei der Queen - Trauerfeierlichkeiten verfolgen, Tausende Blumen ablegen und weinen, wie auch um den 14. September 1982 im Zwergstaat Monaco, dann hat das eben nicht nur damit etwas zu tun, dass eine Fürstin gestorben ist. Grace Kelly hat die Menschen nicht nur berührt, weil sie die Frau von Fürst Rainier war oder Hollywoodstar - was sie damals schon seit 26 Jahren nicht mehr war. Das Geheimnis ist: Die Leute konnten sich sowohl mit Grace Kelly als auch mit "Gracia Patricia" identifizieren, weil sie neben Glanz eben auch Nahbarkeit verkörpert hat.

Grace Kelly galt aber in der Öffentlichkeit auch als kühl und überheblich.
Das lag nicht nur an ihrer Kurzsichtigkeit, sondern auch an dem Image, dass sie - und Alfred Hitchcock - von ihr nach außen geschaffen hatten, inklusive des Rechts, dass sich die Kelly herausnahm, ihre Kostüme selbst bestimmen zu können. Aber Grace Kelly hat - so gut das in ihren verschiedenen Lebensrollen ging - versucht, gleichzeitig normal zu bleiben. Ich habe bei meinen Recherchen ja nicht nur mit Fürst Albert gesprochen, sondern auch mit vielen Monegassen. Und die haben alle bestätigt: "Sie ist auf Menschen zugegangen, ist einkaufen gegangen, hat zugehört." Und wenn man seine Kinder selbst von der Schule abholt, ist das eben nicht prinzessinnenhaft oder prätentiös. Die Jahre vor der Fürstenhochzeit hat Grace Kelly auf Feiern in New York auf Tischen getanzt und sich Liebhaber genommen. Das ist nicht die "prüde Blonde", sondern auch der "Vulkan", den Hitchcock diagnostiziert hat.

Keine Anerkennung vom lieblosen Vater

Nach elf Filmen, wie "12 Uhr mittags", "High Society" und drei der großen Hitchcock-Filme ist es umso überraschender, dass diese Frau ihr freies Filmstar-Leben im Alter von 26 Jahren dem goldenen Käfig des Palasts vertauscht hat.
Das wäre ein Rätsel, wenn man nicht anhand von Briefen, Interviews und Aussagen nachweisen könnte, dass sie geglaubt hat, weiter Filme machen zu können. Und das ist letztlich am konservativen Widerstand der Monegassen gescheitert, dem Fürst Rainier nachgegeben hat, auch weil er es selbst nicht passend fand. Aber natürlich bleibt ein RestRätsel, warum Grace Kelly einen Mann geheiratet hat, den sie gar nicht kannte.

Bis auf eine 30-minütige Audienz bei den Filmfestspielen in Cannes im Mai 1955. Danach wechselten sie Briefe - bis zur Verlobung bei einem Besuch Rainiers in ihrem Elternhaus in Philadelphia und einem kurzen Besuch bei Grace in New York. Wobei sie eben nie allein waren.
Die plötzlich im Januar 1956 angekündigte Verlobung und Heirat im April traf alle unerwartet, wie auch ihren damaligen Lebensgefährten, den Haut-Couture-Designer und Society-Mann Oleg Cassini.

Grace Kelly musste sich für Monaco aber einem Jungfräulichkeitstest unterziehen.
…und einem Fruchtbarkeitstest. Unangenehme, peinlich Angelegenheiten, wobei man bei der Jungfräulichkeit ein Auge zugedrückt hat. Und anfangs war sie - obwohl sie in drei Monaten Französisch lernte - in Monaco nicht sonderlich beliebt. Sie galt als ungebildet, was sie mitnichten war, sondern eben nur amerikanisch sozialisiert. Der Eindruck von Arroganz kam aus der völligen Verunsicherung in der neuen überformalen Umgebung in einer fremden Sprache.

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Warum hat sie sich das angetan?
Ich habe die These: Um ihrem Vater endlich Anerkennung abzuringen. Dieser John Brendan Kelly, genannt Jack, war ein irischstämmiger Maurer, der es zum Baumultimillionär gebracht hatte. Diesem Mann, dem Sportlichkeit wichtig war, der mit seiner musischen, künstlerischen, sensiblen Tochter nichts anfangen konnte, die anderen Geschwister vorzog, der alle ihre bisherigen Freunde ablehnte, der ihren Oscar mit dem Kommentar "What's a fucking Oscar?" bedachte: Von diesem lieblosen Mann wollte Grace endlich, wenn nicht Liebe, wenigstens Zustimmung und Achtung. Und wirklich, die Hochzeit in Monaco mit einem katholischen Fürsten war das erste Mal, dass Jack Kelly von "Stolz auf seine Tochter" redete.

Ist nicht der mysteriöse Unfalltod mit 52 Jahren auch ein Beitrag für die Unsterblichkeit?
Sicher auch. Und es wird niemals wirklich Klarheit geben. Der monegassische Staat hat sofort das Autowrack von französischem Boden nach Monaco gebracht, um die Interpretationshoheit zu bekommen. Letztlich weiß nur die Tochter Stephanie, die mit im Auto saß, was wirklich geschehen ist. Weil viele offizielle Angaben nicht stimmen: Die angebliche Gehirnblutung wurde wohl erst durch den Unfall selbst verursacht, die Handbremse, die Stephanie noch angezogen haben will, soll nicht angezogen gewesen sein. Aber das wird sich nicht mehr aufklären. Grace Kelly bleibt - eben als Gegenentwurf zu Sexbomben wie Marilyn Monroe - eine Frau von zeitloser, filigranen Schönheit und überragendem Stil.

Thilo Wydra: "Grace Kelly und Diana Spencer - Zwei Frauen, zwei Leben, ein Schicksal" (Heyne, 384 Seiten, 60 Abbildungen, 22 Euro).

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