Cat Power spielt Bob Dylan
Schon viele berühmte Rock-Alben sind komplett gecovert worden. Bei "Abbey Road" von den Beatles dauerte es nur ein Jahr, bis es zwei weitere Male aufgenommen wurde (von Booker T. & The M.G.s und George Benson). Später folgten Cover-Versionen von vielen weiteren klassischen Platten. So weit, so üblich. Die gesteigerte Form der Heldenverehrung besteht darin, nicht ewige Alben nochmals aufzunehmen, sondern flüchtige Konzerte nochmals aufzuführen.
Das hat Rufus Wainwright schon 2007 mit einem Judy-Garland-Konzert gemacht. Nun hat Cat Power das berühmteste Konzert des Bob Dylan nochmals gespielt: Es fand 1966 in Manchester statt, wurde jedoch wegen einer falsch betitelten Raubpressung als "Royal Albert Hall Concert" bekannt. Als Dylan 1998 den offiziellen Mitschnitt veröffentlichte, blieb er bei dem Titel.
Nie klang er rauer und wilder
Historisch wurde der Auftritt vor allem durch einen Zwischenruf aus dem Publikum. Bei der England-Tour hatten immer wieder Folk-Fans gebuht, weil Dylan nach der ersten Hälfte die Akustikgitarre ablegte, eine elektrische umschnallte und sich von den Musikern begleiten ließ, die später "The Band" werden sollten.
Die Folkies verziehen ihm nicht, die kommerziellere Rockmusik zu spielen. Auch in Manchester gab es immer wieder lautes Gegrummel, und vor dem letzten Song schrie ein prinzipienfester Zuschauer "Judas". Dabei war Bob Dylan an dem Abend sagenhaft gut; nie klang er rauer und wilder.
Wie ein guter Rotwein
Cat Power versucht nun gar nicht erst, das Energielevel des - wohl auch drogen-bedingt - überdrehten Dylan zu erreichen. Der Akustikset mit "Just Like A Woman" und "Mr. Tambourine Man" gerät gediegen, dann lässt sie ihre tolle Band die Arrangements des zweiten Konzertteils recht getreu nachspielen, von "Tell Me Momma" bis zu "Like A Rolling Stone". Allerdings mit viel entspannterem Feeling.
Was nach einem Widerspruch klingt, geht erstaunlich gut auf. Spürt man bei Dylans Konzert die Amphetamine, klingt Cat Powers Reinszenierung eher nach einem guten Rotwein. Der Sound ist warm und entfaltet einen ganz eigenen Sog, auch wegen Cat Powers Gesang. Der ist getragen und hat doch die richtige Menge an Blues. Und klar, sie lässt jemanden im Publikum "Judas" rufen, und anders als damals der verdutzte Dylan konnte sie sich die richtige Antwort zurechtlegen - einen lakonischen Stoßseufzer: "Jesus!"
"Cat Power Sings Dylan: The 1966 Royal Albert Hall Concert" (bei Domino Records)
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