Kritik

Am Wesenskern vorbei: "Der Papst der Enttäuschungen" über Franziskus

Das papstkritische Buch "Der Papst der Enttäuschungen" über Franziskus – kritisch beleuchtet.
Martin Balle |
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Papst Franziskus lächelt, nachdem er die Ostermesse am Ostersonntag auf dem Petersplatz im Vatikan zelebriert hat.
dpa 2 Papst Franziskus lächelt, nachdem er die Ostermesse am Ostersonntag auf dem Petersplatz im Vatikan zelebriert hat.
"Der Papst der Enttäuschungen" von Michael Meier.
Verlag Herder 2 "Der Papst der Enttäuschungen" von Michael Meier.

"Der Papst der Enttäuschungen. Warum Franziskus kein Reformer ist", so heißt das gerade erschienene Buch, das der Schweizer Michael Meier jetzt der Öffentlichkeit vorlegt. Um es vorwegzusagen, es ist ein misslungenes Buch. Es ist letztlich selbst eine Enttäuschung.

Der Autor vertritt zwar die interessante und bedenkenswerte These, dass Papst Franziskus weniger an äußeren Widerständen als vielmehr am eigenen Vorbehalt gegenüber radikalen Reformen gescheitert ist – was zu einem Teil auf jeden Fall zutrifft; aber insgesamt ist das Buch vor dem Horizont der bekannten Reformwünsche (Rolle der Frauen, Rolle der Laien, Sexualität, Zölibat) so verfasst, dass die Person des Papstes fast interesselos übergangen wird.

Kein Intellektueller, sondern ein Anwalt der Menschen

Das Buch hat sozusagen keine eigene Spiritualität, sondern erschöpft sich im biederen Einfordern des bekannten Katalogs von Reformwünschen, die allesamt berechtigt sein mögen und die dann im Einzelnen mit dem Handeln des Papstes konfrontiert werden.

Da ist vieles richtig gesehen, aber es ist im weitesten Sinn auch langweilig. Es ist doch bekannt, dass dieser Papst aus seinem persönlichen Glauben heraus eher ein Anwalt der Menschen mit ihren Familien als ein intellektueller Vordenker ist. Dass er eher für die Armen in der Welt und gegen die Naturzerstörung eintritt als sich – auch noch als Südamerikaner – für die Rolle der Frau in der Hierarchie der Kirche und anderes noch stärker einzusetzen.

"Der Papst der Enttäuschungen" von Michael Meier.
"Der Papst der Enttäuschungen" von Michael Meier. © Verlag Herder

All diese vom Autor bis ins letzte Detail durchbuchstabierten Forderungen werden so intensiv durchgekaut, bis man von Langeweile übermannt das Buch zur Seite legt. Der spirituelle Kern des Papstes, der für viele Menschen spürbar wird, wird in wenigen positiven Passagen so uninspiriert beschrieben, dass die vom Autor selber dem Papst angetragenen Reformwünsche stärker erlebbar werden, als die Person des Papstes, von denen das Buch vorgeblich handelt.

Abgewertet wird am Ende auch noch in großer Ausführlichkeit der Dialog der Religionen, der dem Papst bekanntlich ein Anliegen ist, aber auch seine Friedensinitiativen für die Ukraine oder den Nahen Osten, da er hier nicht eindeutig genug Stellung beziehe. Der Grundansatz des Buches – zu fragen, inwieweit der Papst selber aus den Verstrickungen seiner eigenen Person und Sozialisation nicht ausbrechen kann - ist eigentlich hochinteressant. Darüber hätte man mit etwas mehr Empathie nicht nur für den Papst ein gutes Buch schreiben können.

Michael Meier: "Der Papst der Enttäuschungen" (Herder, 176 Seiten, 20 Euro)

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