Blues pur: Eric Burdon und Gary Moore auf dem Tollwood

Dafür gingen manche einen Pakt mit dem Teufel ein: Eric Burdon und Gary Moore rocken ein gut gefülltes Tollwood-Zelt - ein großer Abend für alle Blues- und Bluesrock-Freunde.
von  Abendzeitung

Dafür gingen manche einen Pakt mit dem Teufel ein: Eric Burdon und Gary Moore rocken ein gut gefülltes Tollwood-Zelt - ein großer Abend für alle Blues- und Bluesrock-Freunde.

Zwei Helden, ein alter und ein ganz alter, im Doppelpack: Animals-Sänger Eric Burdon und der vom Schwermetaller zum Blues-Prediger konvertierte Supergitarrist Gary Moore kamen ins erstaunlich gut gefüllte Tollwood-Zelt – nicht, wie mancher vielleicht vermutet hatte, gemeinsam, sondern brav nacheinander.

Es wurde ein – mit kleinen Einschränkungen – großer Abend für Blues- und Bluesrock-Freunde, mit allen Standards, die diese traditionellen Genres zu bieten haben. So viele Blue Notes sind selten in drei Stunden von den Saiten gezupft worden, und so viele „Babes“, mit denen man den Blues, die Liebe oder sonst etwas Unanständiges hat, selten besungen worden.

Unschön an dem Auftritt von Burdon war eigentlich nur, dass er mit „When I Was Young“ schon zehn Minuten vor dem angekündigten Konzertbeginn startete, während hunderte Fans noch draußen auf den Einlass warteten. Ansonsten ist der inzwischen komplett weißhaarige Sänger zwar nicht mehr perfekt, aber immer noch sehr gut bei Stimme und legte gleich furios mit den größten seiner Songs los: „Don't Bring Me Down“, „San Francisco Nights“, „Don't Let Me Be Misunderstood“. Das war tränentreibend und gänsehautaufwerfend. Er zelebrierte „Boom Boom“ von John Lee Hooker und gab dem fast totgenudelten „House Of The Rising Sun“ eine frische Note. Musikalisch durch teilweise Reduktion aufs schlicht akustisch gespielte Volkslied , aber auch inhaltlich, in dem er die Textzeilen einbaute, dass er diese Frau in jenem Etablissement jetzt nicht mehr besuche, weil nämlich George W. Bush auch schon da gewesen sei. Als Burdon nach einer guten Stunde von der Bühne ging, macht er lächelnd das Siegeszeichen – zu Recht.

Da war die Frage, ob Gary Moore noch etwas draufsetzen kann, wo doch über seine Konzerte in letzter Zeit viel Schlechtes zu lesen war: Uninspiriert, desinteressiert, einfach nur brutal laut sei er auf der Bühne. Davon konnte bei Tollwood keine Rede sein. Moore spielte sich die Seele aus dem Leib, entlockte seinen diversen Gitarren (Les Paul, Thunderbird, Telecaster) einen glasklaren, absolut umwerfenden, stahlharten Turbo-Sound, für den wohl so manch andere Saitenzupfer einen Pakt mit dem Teufel einginge, wenn's nur einmal so klingen würde. Sicher, Moores Begleitband blickt fast immer aus großer Distanz ehrfürchtig, wenn nicht gar verängstigt auf den Meister, was dem Gesamteindruck nicht gut tut. Moores theatralische Animations-Gesten wirken manchmal arrogant und die Leidens- und Ekstase-Posen zu sehr einstudiert, gekünstelt. Doch das ändert nichts daran, dass 80 Prozent des Konzerts eine Offenbarung waren, was man im Jahre 2009 mit dem guten alten Blues noch alles so anfangen kann. Und wo für den begnadeten Techniker Moore sein großes Dilemma liegt, das zeigt er auch noch mal besonders anschaulich bei der letzten Zugabe „Parisienne Walkways“: Er begann diesen Monster-Schmacht-Song in der vielleicht intensivsten, genialsten Version seit Jahrzehnten – und dann zerhackte er alles mit überflüssigen, ellenlangen Hochgeschwindigkeits-Soli. Schade drum, aber gelohnt hat sich der Abend trotzdem.

Michael Grill

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