Blues im zweiten Leben

Gregg Allman hat eine neue Leber und ein neues Album und spielt heute bei Tollwood
von  Christian Jooß

Unüberhörbar: Hier ist ein Südstaaten-Mann, geboren in Nashville, am Telefon. Tief, melodisch schwingt diese Stimme – und hat keine Angst vor Pausen. Gregg Allman, der mit den Allman Brothers dem Südstaatenrock Konturen gab, unter anderem mit Cher verheiratet war und den das Leben mit dem Tod seines Brudes Duane und vielen anderen Katastrophen ordentlich durchgerüttelt hat, kommt heute mit seinem aktuellen Album „Low Country Blues” (produziert von T-Bone Burnett) zum Tollwood.

AZ: Mr. Allman, wo wurden denn die hübschen Fotos für das Cover Ihres neuen Albums aufgenommen?
GREGG ALLMAN: Wir leben in Savanna, Georgia. Da gibt es eine große Plantage, die immer noch derselben alten Familie gehört. Ein riesiges Gelände.

Wirkt, als würde Sie die Natur umarmen.
Da gibt es so schöne Bäume. Im Bürgerkrieg, als General Sherman Atlanta verbrannte, befahl er, die Feuer wegen dieser Bäume zu löschen. Ich habe auch welche auf meinem Besitz, die so 250 Jahre alt sind. Riesige Eichen. Wenn da ein Ast abbricht, kannst du das meilenweit hören.

Ein Detail auf diesen Fotos sind Ihre Stiefel. Wie lange laufen Sie denn schon in denen?
Diese Boots wurden für mich von einem Mitglied unserer Roadcrew gemacht, der vor ein paar Jahren gestorben ist. Der hatte sein eigenes kleines Flugzeug, wurde ein bischen zu mutig und nahm sich das Leben. Aber er hat unglaubliche Stiefel gemacht. Ich habe vier, fünf Paar. Er machte sie aus Kobra, Klapperschlange – diese speziellen Stiefel sind aus Känguru-Leder.

T-Bone Burnett scheint der ideale Produzent für das neue Album gewesen zu sein.
Oh, boy – er ist wirklich gut. Tommy Dowd war unser Produzent. Er starb 2002. Als die Idee zur Platte aufkam, wollte ich eigentlich keinen neuen Produzenten. Ich war auf Tour mit dem Allman Brothers und die Tour endete in der Gegend von Detroit. Mein Manager Michael Lehman sagte, ich solle auf dem Heimweg mal in Memphis haltmachen und jemanden treffen. Also traf ich diesen wundervollen, talentierten Mann. Eins der ersten Dinge, die er zu mir sagte, war, was für ein Held Tommy Dowd für ihn war. Er erzählte, ein Freund von ihm habe eine Festplatte mit tausenden wirklich alten Songs. Er sagte: Ich schicke die 25, du wählst 15 aus. Ich will dass du sie neu arrangierst und viel von dir da reingibst. Sie sollen klingen, als würden sie dir gehören.

Glauben Sie, dass Sie in ihrem Alter bereiter für die Songs sind, als als junger Mann?
Denke ich schon.

In diesen Songs höre ich das Weinen einer unerlösten Seele. Welche Magie finden Sie in den Liedern.
Den Blues. Das ist eine Freisetzung von allem möglichen. Du musst den Blues nicht haben, um ihn zu spielen, aber es hilft. Du wirst ihn eh irgendwann kriegen.

Sie selber hatten ja schon häufiger den Blues.
Na, mittlerweile habe ich ein echt schönes Leben.

In „Blind Man” gibt es die Zeile „I’m hooked, but I can’t let you go”. Ist Liebe eine Erlösung aus dem Lebenselend?
Ich habe keine Ahnung.. Schätze mal, man muss immer wieder irgendwas Neues finden.

Sie engagieren sie für Merck und The American Liver Foundation, haben eine neue Leber transplantiert bekommen. Wie geht es Ihnen heute?
Mir geht es echt gut. Ich habe immer noch ein wenig Schmerzen. Aber es überwiegt, dass ich so froh bin, am Leben zu sein und so dankbar, dass die so etwas machen können. Wenn mir das früher in meiner Karriere passiert wäre, hätte ich wohl auschecken müssen.

Hatten Sie nach der Transplantation das Gefühl, neu geboren zu werden?
Zuerst mal nicht. Denn das tut so weh. Aber als das sich legte, brachte es mich Gott näher. Es ist ein Wunder. Du wachst auf. Und unter deinen Fingenägeln ist es rosa – wie bei Babys, weil dein Blut so viel besser fließt. Du musst dann Stückchen für Stückchen trainieren. Es dauert so sieben Monate, um wieder ins Leben reinzukommen.

Sie singen „I believe I go back home” – die Geschichte des verlorenen Sohnes. Ist Blues ein Ort, wo der Teufel mit Gott streitet?
Absolut. Der Blues ist nichts anderes, als ein guter Mann, der sich schlecht fühlt.

Viele der alten Blues-Männer haben später als Prediger gearbeitet. Gibt es eine Verbindung zwischen dem Predigen und dem Bluessingen?
Ich glaube schon. Man muss jetzt nicht den Gospel singen. Aber wenn ich auf die Bühne gehe, singe ich für meinen Gott. Das ist alles, was ich ihm für das geben kann, was er mir gegeben hat.

Sie haben viele Tätowierungen. Wann haben Sie die letzte machen lassen?
Im Frühjahr 2009. Ich musste ein paar Reisen unternehmen, für das, was meinen rechten Arm bedeckt. Hat glaube ich 37 Stunden gedauert.

Was haben Sie machen lassen?
Es ist ein Violinschlüssel.

Greg Allman spielt heute ab 19 Uhr bei Tollwood ( Eintrii 49 Euro), das Album „Low Country Blues" ist bei Rounder/Universal erschienen

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