Bloß kein Komödienstadl

Smetanas „Verkaufte Braut” ist die erste Premiere der neuen Gärtnerplatz-Saison. Mit der AZ sprach Regisseur Peter Baumgardt über den Segen eines festen Ensembles und moderne Heiratsvermittlung
von  Birgit Gotzes

Mit Smetanas „Die verkaufte Braut” zeigt das Staatstheater am Gärtnerplatz am Samstag die erste Premiere der neuen Saison. Inszeniert wird sie von Peter Baumgardt, der damit an ein Haus zurückkehrt, dem er viele Jahre verbunden war. Denn 1980 bis 1992 war er Ensemblemitglied, ab 1987 als Oberspielleiter und persönlicher Mitarbeiter des Intendanten Hellmuth Matiasek.

Die Premiere ist schon fast greifbar, doch Baumgardt sitzt ganz entspannt auf der Terrasse der Theaterkantine, hoch über den Dächern der Klenzestraße. Wie ist es, nach so langer Zeit zurückzukommen? „Ehrlich gesagt: wie heimkommen. Es gibt sogar noch bekannte Gesichter, zum Beispiel in der Technik.”

Am schönsten findet er „den unglaublichen Ensemblegeist am Haus. Da gibt es einen Zusammenhalt und das Gefühl, gemeinsam etwas für das Haus und für sein Publikum machen zu wollen. Das ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit.”

Warum das so ist? Für den 52-Jährigen ist das ganz klar: „An deutschen Theatern gab es lange den Trend, das Ensemble abzuschaffen, auch aus finanziellen Gründen. Mittlerweile sieht man das an vielen Häusern wieder anders. Am Gärtnerplatz wurde und wird das Ensembletheater dagegen kontinuierlich gepflegt.”

Mit "Bauer sucht Frau" hat das nichts zu tun

„Die verkaufte Braut” gehört hier am Haus quasi zum Kernrepertoire. Wie geht man diese Oper heute an – als Bauernkomödie im Landhausstil? „Nein, ich sehe da kein kleines Dorf im Chiemgau, eher eine kleine Stadt oder einen Vorort oder ein Stadtviertel”, meint Baumgardt. „Es geht um Menschen, die bürgerlich oder kleinbürgerlich sind, einen festen Tagesablauf haben, einmal in der Woche in den Biergarten gehen und einen Stammtisch haben. Mit dem ,Komödienstadl’ oder mit ,Bauer sucht Frau’ hat das nichts zu tun.”

Wie sollen wir aber heute verstehen, dass Eltern für ihren Sohn oder ihre Tochter eine Ehe arrangieren und dann auch noch von einem Heiratsvermittler organisieren lassen? Baumgardt lacht. „Sogar heute kann so etwas passieren!” Im Internet hat er gerade noch einmal so eine kuriose Geschichte nachrecherchiert: „In den 80er Jahren hat ein Bauer in Vorarlberg seine Tochter gegen Vieh verhandelt. Er wurde angeklagt, aber nie verurteilt. Und weniger krass: Eltern werden immer versuchen, das Leben ihrer Kinder in eine bestimmte Richtung zu lenken.”

So hat er kein Problem damit, das Stück behutsam in ein – zeitlich nicht genau definiertes – Heute zu holen. „Marie ist kein ,Puppchen’, sie ist eine moderne, selbstbewusste Frau, die ihren eigenen Weg geht. Und sie hat Hans, der mit ihr geht.”

Ein realistisches Abbild unseres Lebens

„Ein Stück Leben” möchte Baumgardt also auf die Bühne stellen, erzählt als Kammerspiel: „In dieser Oper durchleben die Figuren tiefe Gefühle und schwierige Situationen. Das hört man in der Musik sehr genau, und es ist wichtig, es genau zu erzählen, nicht als ein realistisches Abbild unseres Lebens, aber so, dass wir verstehen: So ähnlich habe ich das auch erlebt, das hat mit meinem Leben zu tun.”

Aber natürlich – schließlich ist es eine komische Oper – gibt es ein Happy End. „Wir wissen nicht, ob Hans und Marie zehn Jahre später immer noch ein Paar sind”, spekuliert Baumgardt. „Aber am Ende der Oper sind sie es, sie haben sich füreinander entschieden. Mit Wenzel und Esmeralda gibt es ein zweites Paar: naiver, unerfahrener und mit ebenso ungewisser Zukunft, aber befreit von vorgegebenen Lebensmustern.”

Und wie geht es danach für den Regisseur weiter? Ab 2012 übernimmt er die Internationalen Festspiele Europäische Wochen Passau. Die finden nächstes Jahr nun schon zum sechzigsten Mal statt. Und das ist in einer von neuen Festivals geradezu überfluteten Zeit schon eine echte Rarität.

Premiere „Die verkaufte Braut” am Samstag, 19 Uhr; auch am 11., 15., 23., 26. Oktober, Karten unter Tel.21 85 19 60

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