Blaue Flecken und viel Schweiß
Art Brut in München: Erfreulich gut fügten sich die neuen Stücke in die Setlist, die an Hits kaum zu wünschen übrig ließ.
Wem bis jetzt noch nicht zu Ohren gekommen war, der konnte es beim Opener „Alcoholics Unanimous“ im Gesicht des Sängers sehen: Eddie Argos hat kürzlich einen schlimmen Bandscheibenvorfall erlitten. Etwas steif stand der schwarzhaarige Brite zunächst im Trenchcoat, später im T-Shirt am Mikro. Er verdreht hin und wieder die Augen, atmet manchmal schwer. Vor allem aber hatte er nach den ersten Songs noch seine Schuhe an, die unter anderen Umständen schon längst von den Füßen gestreift wären.
Seit acht Tagen habe er keinen Alkohol getrunken, verkündete Argos und erntete Beileid im Publikum. Acht Tage sei es her, da habe er sich in Amsterdam den Rücken verrenkt. Wie, das demonstrierte er später: Vor einem Gemälde von Van Gogh will er unglücklich in die Knie gegangen sein, improvisiert er im Titel „Modern Art“. Tapfer: Er tat dennoch, was er konnte und wie er konnte, wenn sein Bewegungsradius auch sehr deutlich eingeschränkt war.
Der Rest der Band war in gewohnt spielfreudiger Form, wobei die besten Haltungsnoten an den neuerdings schnauzbärtigen Steh-Schlagzeuger Mikey Breyer gehen.
Drei Alben hat das Ouintett inzwischen veröffentlicht. Das letzte, „Art Brut Vs. Satan“, erst vor einem Monat. Erfreulich gut fügten sich die neuen Stücke in die Setlist, die an Hits kaum zu wünschen übrig ließ. Einzig dem Körpereinsatz des Publikums war anzumerken, dass es sich bei Pop-Songs wie „DC Comics & Chocolate Milkshake“ oder „Summer Job“ noch um eher unerforschtes Konzertterrain handelte. Altbewährtes vom Debütalbum der Briten, „My Little Brother“, „Moving to L.A.“ oder „Emily Kane“ wurde umso mehr angefeuert. Stand Eddie Argos noch als mahnendes Beispiel auf der Bühne, das Tanzen, Pogen, Crowdsurfing konnte und wollte das junge Publikum in den ersten Reihen nicht lassen. So mancher machte sich gegen 23.30 Uhr mit blauen Flecken und viel Schweiß – eigenem und fremden – auf den Heimweg. Erschöpft, aber zufrieden.
Alexandra Petrusch