Bis es nicht mehr geht

Chiara Schoras spielt im „Tatort“ eine gequälte Frau. Beim Drehen kam sie an ihre Grenzen
von  Abendzeitung

Chiara Schoras spielt im „Tatort“ eine gequälte Frau. Beim Drehen kam sie an ihre Grenzen

Gemocht hat das Opfer anscheinend niemand – die eigenen Kinder nicht, der Geschäftspartner nicht und die Mitarbeiter sowieso nicht. Der Leipziger Unternehmer Peter Schneider beherrschte und manipulierte die Menschen in seiner Umgebung. Musste er deshalb sterben? Die Hauptkommissare Eva Saalfeld (Simone Thomalla) und Andreas Keppler (Martin Wuttke) ermitteln am Sonntag in einem Dickicht von Widersprüchen, Ängsten und Verletzungen.

Die Münchnerin Suzanne von Borsody spielt Gitta Schneider, die Ehefrau des Ermordeten. Sie wirkt richtiggehend betäubt, als die Kommissare ihr die Todesnachricht übermitteln, versucht später sogar, sich umzubringen. Doch die jüngste Tochter Susanne (Chiara Schoras) scheint davon komplett unberührt.

"Für mich persönlich war das dramatisch"

„Um Grenzen zu überschreiten, muss man sich als Schauspieler fallen lassen können. Das tue ich gern, und hier war es wichtig, dass man mich emotional auffängt“, sagt von Borsody und spricht der Regisseurin Christine Hartmann ein Kompliment aus: „Das ist etwas, was bei ihr möglich ist, was mit ihr auch so viel Spaß macht.“

Allein die Vorbereitungen für die Rolle haben von Borsody stark gefordert. „Meine Film-Kinder und ich haben uns im Vorfeld viel Zeit genommen, zu besprechen, in welcher Konstellation wir hier agieren, zum Beispiel, wer welche Ängste hat, wer wen warum unbedingt beschützen will und wovor“, sagt die 51-Jährige. „Eigentlich sind das Vorbereitungen, die man für jede neue Rolle trifft. Für mich persönlich war das dieses Mal als Gitta aber sehr dramatisch.“

Denn bald erkennt auch der Zuschauer: Mit Familie Schneider stimmt was nicht. Sohn Michael (Joram Völklein) hatte seit Jahren keinen Kontakt mehr zum Vater, besuchte die Mutter nur, wenn Peter Schneider geschäftlich unterwegs war.

Die Kinder bekommen alles mit

Tochter Susanne scheint dagegen eher ein Problem mir der Mutter zu haben. Sie selbst wird von ihrem Ehemann (Thomas Huber) schwer misshandelt, auch vor der kleinen Tochter. „Wusstest du eigentlich, dass häusliche Gewalt vererbbar ist?“, fragt Ermittler Keppler einmal seine Kollegen und Ex-Frau Saalfeld.

Die Bilder des Leipziger „Tatort“ sind heftig und gehen unter die Haut. „An dem Tag, an dem wir die meisten Prügelszenen drehten, konnte ich nicht mehr: Ich wollte einfach nicht mehr geschlagen werden und rannte raus“, sagt Schoras, die beim Dreh einige blaue Flecken abbekam.

Schoras findet es dennoch richtig, die Gewalt zu zeigen, „denn sie kommt in Familien wahrscheinlich öfter vor, als man meint – nach außen scheint alles in Ordnung und hinter verschlossenen Türen ist alles kaputt.“ Die Mutter einer Tochter: „Und mittendrin die Kinder, die alles mitkriegen und teilweise ebenso Opfer von Aggressionen werden.“ „Wie verkraften das die kleinen Seelen?“, fragt die 33-Jährige. Und meint: „Der Film beantwortet die Frage eindeutig: gar nicht.“

aka

Sonntag, Das Erste, 20.15 Uhr

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