Biermösl Blosn: Früher war's harmonischer

35 Jahre haben sie es gut miteinander ausgehalten, jetzt die Auszeit: Hans Well im Interview mit der AZ über das Ende der Biermösl Blosn
Robert Braunmüller |
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...aber sie haben’s 35 Jahre miteinander gut ausgehalten: Hans Well über das Ende der Biermösl Blosn

Sie sind das freche und anarchische Gewissen des Freistaats. Im Herbst gehen die Brüder Hans, Michael und Christoph Well noch einmal mit Gerhard Polt auf Tournee. Dann trennen sich im Januar ihre Wege und die Biermösl Blosn ist Geschichte.

AZ: Herr Well, hören Sie auf, wenn’s noch am schönsten ist?

HANS WELL: Ich würde gern weitermachen, aber wir waren seit fünf Jahren immer wieder im Clinch wegen eines neuen Programms. Es wurde immer schwieriger, mit meinen Brüdern neue Texte einzustudieren.

Sind Sie politisch nicht mehr einer Meinung?

Das glaube ich nicht. Der Konsens ist noch immer da. Aber Erfolg kann auch eine Falle sein. Meinen Brüdern fällt es schwer, Lieder auszutauschen, die gut ankommen. Sie empfanden Veränderung als Druck und Stress.

Zum Beispiel?

Vor einem Jahr wurde die Laufzeitzeitveränderung für die Atomkraftwerke beschlossen. Dazu hatten wir einen lustigen und scharfen Gstanzl-Achtzeiler. Ich fand, dass wir den nach Fukushima nicht mehr singen konnten, weil er offene Türen einrannte. Der Stofferl wollte den Text aber weitersingen. Er singt 20 Jahre alte Sachen mit Begeisterung. Mei, der is einfach da ganz anders wie ich. Wenn man das fortführt, wird man historisch.

Sie wollen aktuell bleiben?

Nicht aktuell, sondern akut auf das Wesen der Gesellschaft. Ich habe vor einem Jahr schon einen, wie ich finde, guten Text zum Phänomen Thilo Sarrazin gemacht. Aber meine Brüder wollen ihn bis jetzt nicht lernen.

War Ihre Zusammenarbeit früher harmonischer?

Es ist toll, dass wir es überhaupt 35 Jahre miteinander ausgehalten haben, obwohl wir Brüder sind. Das darf man nicht vergessen. Wir haben von Anfang an gestritten. Wir waren nie eine Heile-Welt-Familie. Bei uns gab es alle Brüche, die zu einer Großfamilie gehören. Aber früher war die Zusammenarbeit schon harmonischer.

Was war das Besondere an der Biermösl Blosn?

Man kann sich selber nur schwer einschätzen. Aber wir waren musikalisch unangreifbar und in den Texten lustig und scharf. Das hat uns auch die heiligen Hallen der Hochkultur geöffnet. Wir waren im Nationaltheater und im Bierzelt, im Burgtheater und in irgendwelchen Hallen. Bei der Münchner Staatsopern-„Fledermaus” konnten wir recht harte Sachen singen und die Leute haben trotzdem gejubelt. Wir haben immer die verschiedensten Schichten angesprochen.

Gibt’s keine Chance für eine Revival?

Bestimmt nicht. Man hört nicht auf, um wieder anzufangen.

Haben Sie es heute schwerer, weil die CSU auch nicht mehr das ist, was sie einmal war?

Es gibt eine neue RAF, eine Reaktor-Anti-Fraktion namens CSU. Der Markus Söder kettet sich ja bald an die Bahngleise, wenn die Castoren kommen. Das ganze g’wamperte Selbstverständnis der Partei hat sich verändert. Wir hätten ein völlig neues Programm machen müssen, und das war mit meinen beiden Brüdern nicht mehr möglich.

Die wollen im Februar mit ihren Schwestern von den „Wellküren” bei einem „Hausmusikabend” von Franz Wittenbrink an den Kammerspielen neu starten. Was planen Sie?

Ich werde zunächst auf Kleinkunstbühnen auftreten, vielleicht auch mit meinen Kindern. Themen wie die Veränderung der Dörfer in Gewerbegebiete, die von den Münchnern kaum wahrgenommene 3. Startbahn, Autobahnprojekte wie durchs Isental passen ja gut zu dem, was ich schreiben kann. Vielleicht geht auch was mit dem nach wie vor sehr jungen Dieter Hildebrandt, der Maria Peschek oder mit guten Nachwuchsgruppen zusammen. Ich stehe einfach gerne auf der Bühne.

Sie schreiben ein Buch über den verstorbenen Grünen-Politiker Sepp Daxenberger?

Keine leichte Aufgabe. Ich hoffe, es gelingt mir. Kurz vor seinem Tod hatte ich noch ein langes Gespräch mit ihm. Daxenberger hat keine Phrasen gedroschen und der CSU das G’standne weggenommen wie wir ihnen die Volksmusik.

Würden Sie für Christian Ude in den Wahlkampf ziehen?


Für die 3. Startbahn und die 2. S-Bahn-Stammstrecke gwiß net.

Was haben Sie gegen die 2. Stammstrecke?


Ich lebe an der S4 und verplempere viel Zeit, wenn ich bei Verspätungen auf meine Kinder warte. Wenn die Stammstrecke kommt, hängen wir weiter in der Luft. Es wäre viel wichtiger, den Südring und die Bahn in Richtung Lindau und Schweiz auszubauen. Von Großprojekten wie Stammstrecke und 3. Startbahn profitiert doch bloß die Bauindustrie.

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