„Besser als die Beach Boys“
Brian Wilson über seine neue Band, den wegen Mordes in den USA verurteilten Produzenten Phil Spector und das Alltagsleben eines psychisch kranken Pop-Genies
So üppig und opulent die Musik des Ex-Beach Boys auch klingen mag: In Interviews präsentiert sich Brian Wilson als einsilbiger Minimalist. Vor dem Start seiner Deutschlandtournee in München unterhielt er sich mit der AZ über sein aktuelles Album, musikalische Vorlieben und die Stimmen in seinem Kopf.
AZ: Herr Wilson, seit ein paar Jahren gehen Sie mit den Wondermints auf Tournee und ins Studio, einer Gruppe von Studiomusikern und Brian Wilson-Verehrern. Wo liegen die Unterschiede zwischen Ihrer heutigen Band und den Beach Boys?
BRIAN WILSON: Meine heutige Band ist viel besser als es die Beach Boys jemals waren. Die Musiker meiner Band singen noch auch sauberer, weil sie die Töne beim mehrstimmigen Gesang noch feiner treffen.
Ist das Musikmachen für Sie mittlerweile weniger belastend und stressig als in den 60er Jahren?
Ja. Aus mehreren Gründen. Vor allem, weil es mittlerweile Musiksoftware wie Pro Tools gibt. Damit kann man viel entspannter arbeiten als das früher der Fall war.
Vor fünf Jahren haben Sie es geschafft, Ihr legendäres Album „Smile“ doch noch fertig zu bringen. Haben Ihnen die Computer und digitale Software dabei geholfen?
Auf jeden Fall. Das, und die Menschen, die sich mit solchen Dingen auskennen, waren eine große Hilfe.
Sie waren immer ein großer Bewunderer von Musikproduzent Phil Spector, der jetzt wegen Mordes an einer Schauspielerin im Gefängnis sitzt. Hatten Sie in letzter Zeit Kontakt mit ihm?
Nein. 1984 haben wir uns zuletzt gesprochen.
Haben Sie jetzt für ihn weniger Bewunderung übrig als vor seiner Verurteilung wegen Mordes?
Vor allem tut er mir leid. Aber das und seine Verurteilung ändern nichts daran, dass er großartige Musik gemacht hat.
Welche Musik hören Sie heute?
Immer noch die der 60er und 70er Jahre. Phil Spector, die Beatles, Elton John und die Rolling Stones.
Und die Beach Boys?
Weniger. Ich höre das ja live, wenn wir auf Tournee sind.
Hilft Ihnen die Musik, mit Ihrer Depression und den Stimmen in Ihrem Kopf besser klar zu kommen?
Musik hat für mich auf jeden Fall etwas Heilendes. Sie heilt den Geist.
Ich habe gelesen, dass Sie aber keinen Rap mögen.
Mir gefällt so was einfach nicht. Ich verstehe es auch nicht.
Hören Sie die Stimmen auch dann, wenn Sie auf der Bühne stehen?
Manchmal. Vor allem, wenn ich nervös bin, zum Beispiel zu Beginn eines Konzerts.
Was machen Sie dagegen?
Ich nehme Medikamente.
Ihr neues Album heißt „That Lucky Old Sun“, eine Hommage an das Kalifornien Ihrer Jugend. Sie haben es zusammen mit Ihrem Bandmusiker Scott Bennett aufgenommen. Wie haben Sie zusammen gearbeitet?
Ich habe die Melodien geschrieben, er die Songtexte.
Die klingen aber so persönlich, als ob sie Brian Wilson über Brian Wilson geschrieben hätte.
Scott kennt mich eben sehr gut. Das Album sollte ja autobiografisch klingen – auch wenn die Songtexte nicht von mir stammen.
Haben Sie eine Botschaft für all jene Menschen, die in Ihrem Leben mit einer psychischen Erkrankung klarkommen müssen?
Für all jene, die das Glück haben, gesund zu sein: Nehmt besser keine Drogen. Versucht, so viel Schlaf wie möglich zu bekommen. Und die Musik – die kann einem natürlich auch helfen. Das ist aber schon alles, was ich dazu sagen kann.
Claus Lochbihler
Brian Wilson spielt am 4. Juli um 20 Uhr im Deutschen Theater in Fröttmaning, Tickets ab 29 Euro. Karten Tel. 089 / 55 - 23 44 44. Die AZ verlost drei Exemplare von Brian Wilsons jüngstem Album. Senden Sie eine Postkarte an die AZ, Kulturredaktion, Rundfunkplatz 4, 80335 München, Stichwort: „Brian Wilson“
- Themen:
- Elton John
- The Beatles