Berliner DJ Apparat zaubert in München
Das Elektro-Genre steht für wabernde Massen, euphorisch, verirrt, chaotisch. Der DJ gibt dem tanzhungrigen Publikum einen treibenden Beat, den sie bis in den Magen spüren und sie bis zur Verausgabung zappeln lässt. Doch in diesem Bild fehlt Sascha Ring alias Apparat. Der Berliner DJ bricht mit allen Regeln des Genres als wären sie nichts weiter als alter Staub auf Großmutters Kleiderschrank. Er macht alles, was andere nicht machen: Ruhige, introvertierte, elektronische Musik mit hypnotischer Wirkung. Auch das Konzert im Müchner Schauspielhaus fällt aus dem gewohnten Bild. Keine Tanzfläche, kein DJ-Pult ist zu sehen, alles spielt sich auf der Bühne ab und davor sitzt das Publikum auf den Theaterstühlen.
Echte Apparat-Kenner halten Tanzen ohnehin für unangebracht und so stört sich niemand am eingeschränkten Bewegungsfreiraum. Zunächst spielen aber Warren Suicide, die sehr experimentellen Elektropop mit einem Schuss Shoegaze machen. Cello und Violine unterlegen den markanten Gesang von Sängerin Cherie, während auf dem Synthesizer Elektronikspieleren getätigt werden. Dann betritt Apparat die Bühne, er will mit seiner Tour durch die wichtigsten deutschen Theaterbühnen sein neues Album “The Devil's Walk” vorstellen. Statt wie erwartet stellt er sich aber an die Gitarre statt an den Laptop, denn kein Klang kommt heute vom Band. Stattdessen hat er fünf Musiker mitgenommen, die ihn und seinen Gesang begleiten.
Als alle bereit sind, wird gezaubert. Man wird an einen anderen Ort genommen, fernab von der im blauen Licht getauchten Schauspielhaus. Im ersten Moment wähnt man sich auf einem grünen Hügel in Fernost, alles ist still und die Mönche meditieren friedlich in ihrem Tempel. Doch plötzlich wird ein Riss durch diese Welt geschlagen und man sitzt an einer grauen Küste und sieht das Wasser feindselig an die Klippen schäumen. Nach einiger Zeit wird die Bühne in gleißendes Licht getaucht, man hockt wieder auf seinem Stuhl und ist überwältigt. “The Devil's Walk” ist das bisher fünfte Album von Apparat.
Mit jedem Album erfindet er sich neu, mal macht er eine Remixplatte wie “Things To Be Frickled”, mal schließt er sich mit Modeselektor zusammen und veröffentlicht Jahrhundertwerke wie “Moderat”. Auch “The Devil's Walk” ist anders als das Vorgängerwerk “Walls”, diesmal wurde der Fokus vom Beat zum Gesang verschoben, was dank der grandiose Stimme eine Wohltat ist. Als die Lichter wieder angehen und die Band verschwindet, hält man es plötzlich für selbstverständlich dass Apparat im Theater auftritt und nicht im Konzertsaal. Ein bisschen so, als wenn man zum ersten Mal in Belgien Wein trinkt und dann fest davon überzeugt ist, dass man belgischen Wein schon immer am besten fand.