Behutsame Reformen
Der Stiftungsrat hat entschieden: Die Töchter Wolfgang Wagners übernehmen die Festspiele. Nike Wagner und Gérard Mortier gehen leer aus. Der haushohe Sieg der beiden Favoritinnen mit 22 von 24 Stimmen überrascht.
Viele Jahre musste sie warten. Doch nun ist Eva Wagner-Pasquier am Ziel. Zusammen mit ihrer Halbschwester Katharina übernimmt sie die Leitung der Festspiele. Bereits 2001 hatte sich Wagner-Pasquier um diesen Posten beworben und war gegen ihre Stiefmutter Gudrun angetreten. Ihr Vater Wolfgang Wagner stellte sich quer, verweigerte den Rücktritt und warf seiner Tochter aus erster Ehe Unfähigkeit vor.
Diesmal aber bewies Eva Wagner-Pasquier taktisches Geschick. Sie tat sich mit Katharina zusammen, Wolfgang Wagners Wunschkandidatin. Mit dem Segen des 89-jährigen Vaters stach das Schwestern-Tandem das Duo aus Cousine Nike Wagner und dem Salzburg-Reformator Intendanten Gérard Mortier aus.
Eine scheue Opern-Managerin
Wagner-Pasquier gilt als scheue Opern-Managerin, die schon früh Erfahrungen an der Seite ihres Vaters sammelte. 1967 wurde sie seine Assistentin bei den Festspielen. Sie übernahm in den folgenden Jahren einige Verantwortung, etwa bei der Besetzung des „Jahrhundertrings“ von Patrice Chéreau. Zum Bruch kam es 1976, als sich Wolfgang Wagner von seiner Frau Ellen trennte und die Pressereferentin Gudrun Mack heiratete. Eva stellte sich auf die Seite ihrer Mutter und verließ Bayreuth.
Auf die Frage nach der erst vor einigen Monaten nach Gudrun Wagners Tod entstandenen Beziehung zur jüngeren Halbschwester, sagte Eva Wagner-Pasquier heute: „Wenn man sich erst spät begegnet, versteht man sich wahrscheinlich besser.“ Nike Wagner, die als gute Verliererin den siegreichen Cousinen gratuliert haben soll, wird das nicht trösten.
Der haushohe Sieg der beiden Favoritinnen mit 22 von 24 Stimmen überrascht. Die Nachkommen Wieland Wagners nahmen an der Abstimmung nicht teil: Sie warfen dem Gremium vor, Nike Wagners und Gérard Mortiers Konzept „Wagner im 21. Jahrhundert“ angesichts der Vorausfestlegung des Bundes, des Freistaates Bayern und der Freunde von Bayreuth nicht unvoreingenommen geprüft zu haben.
„Glänzende Rede“
Bei der anschließenden Pressekonferenz führte Katharina eindeutig das Wort, die mehr als doppelt so alte, viele Jahre vom Vater verstoßene Eva fremdelte angesichts der Wissbegier, die sich auf sie konzentrierte. Beide wollen die Festspiele behutsam reformieren, planen aber keine großen Änderungen. Katharina werde vor allem für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich sein, erklärte Eva Wagner-Pasquier. Sie selbst wolle sich vornehmlich um Besetzungsfragen kümmern. Hausdirigent Christian Thielemann werde sie bei der Zusammensetzung des Orchesters beraten.
Die Gremiumsmitglieder hätten es reizvoll gefunden, dass die 30-jährige Katharina Wagner und die 63-jährige Eva Wagner-Pasquier zwei Generationen bilden, erklärte Toni Schmid, der Vorsitzende des Stiftungsrats. Offenbar siegte auch Wolfgang Wagners Strategie, die Festspiele personell und programmatisch bis 2015 vertraglich festzulegen. Der Stiftungsrat sah, wie Schmid zugab, kaum eine Gestaltungsmöglichkeit für Nike Wagner und Mortier, dem eine „glänzende Rede“ bescheinigt wurde. Sie beeindruckte den Stiftungsrat, konnte ihn jedoch nicht umstimmen. Eine noch am Montag erstmals zusammentretende Gesellschafterversammlung der Festspiele GmbH solle mit der Ausarbeitung der Intendantenverträge beauftragt werden. Die Amtszeit der neuen Geschäftsführung bezifferte Schmid auf fünf bis sieben Jahre.
Robert Braunmüller