Bayreuther Festspiele: Mit Dirigentinnen gegen Frauenfeindlichkeit

Die Pressekonferenz der Bayreuther Festspiele beschäftigte sich vor allem mit den Sexismus-Vorwürfen.
von  Kathrin Zeilmann/RBR
Die Dirigentin Nathalie Stutzmann.
Die Dirigentin Nathalie Stutzmann. © imago images/ZUMA Wire/Wallace

Bayreuth - "Das sind ungeheuere Vorwürfe", sagte Georg Waldenfels, der Vorsitzende des Verwaltungsrates der Festspiele, am Samstag. Es gebe "gar kein Vertun, dass wir mit allem Ernst und aller Unnachgiebigkeit dem nachgehen werden". Der Verwaltungsrat wolle sich in seiner nächsten Sitzung mit dem Thema befassen.

Auch die Festspiel-Chefin Katharina Wagner ist betroffen

Im "Nordbayerischen Kurier" hatten Frauen berichte, dass sie auf dem Grünen Hügel angefasst wurden oder sich sexuelle Anzüglichkeiten anhören mussten. Festspiel-Chefin Katharina Wagner bestätigte, dass auch sie selbst betroffen war: "Ich habe mich aber zu wehren gewusst."

Am Samstag fügte sie bei der Pressekonferenz zum Festspielbeginn hinzu, sie habe "sehr, sehr deutlich gehandelt". Sie befinde sich als Festspiel-Chefin aber auch in keiner Abhängigkeit. Sie könne verstehen, dass Frauen, die in der Hierarchie nicht so weit oben stünden wie sie, Angst hätten, über Übergriffe zu sprechen. Diese Angst wolle sie den Frauen nehmen. Sie rief sie auf, sich zu melden - auch anonym über einen Briefkasten oder Briefe, die unter ihrer Bürotür hindurchgeschoben werden könnten.

Sexistische Äußerungen von Dirigent Thielemann

Unabhängig von den Übergriffen waren auch Vorwürfe gegen Christian Thielemann bekannt geworden, der in diesem Jahr den "Lohengrin" dirigiert. Er soll sich frauenfeindlich geäußert haben, weil zwei Kontrabassistinnen im Orchester ihm zu viel gewesen seien. Thielemann hatte diese Vorwürfe ebenso zurückgewiesen wie die, er vergreife sich hier und da im Ton.

Nur ein Missverständnis?

Waldenfels sagte, er habe Thielemann mit den Vorwürfen konfrontiert. Der habe sich nicht darüber beschwert, dass es zwei Frauen am Bass gab, sondern dass es zwei neue Gesichter gewesen seien und ihm die Zusammensetzung des Orchesters mit vielen neuen Musikern nicht gefallen habe. Mit dem Geschlecht habe das nichts zu tun gehabt. Auch die beiden Frauen hätten Waldenfels gegenüber angegeben, Thielemann habe sie sehr zuvorkommend behandelt.

Blick lieber auf den Inhalt richten

Die Festspiele bemühten sich bei der Pressekonferenz auch, den Blick von der Debatte weg hin auf das zu lenken, was in dieser Jahr auf der Bühne zu sehen sein ist. Der neue "Ring" des Regisseurs Valentin Schwarz wird ab Herbst online im Stream der Deutschen Grammophon zu sehen.

Neue Dirigentinnen

Neben Oksana Lyniv, die auch 2023 den "Fliegenden Holländer" dirigieren wird, kommt nächstes Jahr eine zweite Dirigentin auf den Hügel: Nathalie Stutzmann, die die Wiederaufnahme von "Tannhäuser" dirigieren wird. Die 57-jährige Dirigentin und Sängerin stammt aus Frankreich und übernimmt in der kommenden Saison die Position des Music Directors beim Atlanta Symphony Orchestra. Im November dirigiert sie ein Konzert der Münchner Philharmoniker.

Pablo Heras-Casado wird 2023 die Neuproduktion von "Parsifal" dirigieren, Joseph Calleja gibt sein Rollendebüt in der Titelpartie, Ekaterina Semenchuk singt die Kundry und Georg Zeppenfeld den Gurnemanz. Regie führt Jay Scheib. Schon voriges Jahr wurde bekanntgegeben, dass bei dieser Neuinszenierung Spezialbrillen für "Augmented Reality" eingesetzt werden sollen.

Reformen bei den Festspielen

Katharina Wagner knüpft ihre Zukunft bei den Bayreuther Festspielen derweil an die Forderung nach Reformen. "Aus meiner Sicht ist eine Veränderung gewisser Strukturen unumgänglich. Davon hängt auch maßgeblich ab, ob und wie ich mir weitere Jahre als Festspielleiterin vorstellen kann", sagte die Urenkelin des Komponisten Richard Wagner.

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