Batman, das böse Amerika

Gewalt für die gute Sache: Comic-Helden bebildern die Ära von US-Präsident Bush. Wenn er am 20. Januar 2009 abdankt, werden sich während seiner Ära mehr Comic-Helden auf der Leinwand getummelt haben als je zuvor.
von  Abendzeitung

Gewalt für die gute Sache: Comic-Helden bebildern die Ära von US-Präsident Bush. Wenn er am 20. Januar 2009 abdankt, werden sich während seiner Ära mehr Comic-Helden auf der Leinwand getummelt haben als je zuvor.

Er hat in Rekordzeit von 18 Tagen die 400-Millionen-Dollar-Marke an den US-Kinokassen geknackt und damit den bisherigen Rekord von „Shrek 2“ (2004) von 43 Tagen deutlich in den Schatten gestellt. Filminsider rechnen damit, dass „Dark Knight“ in den kommenden Wochen insgesamt mehr als 500 Millionen Dollar abkassieren wird. Vielleicht bricht auch hierzulande ab dem 21. August die Batmania aus. Aber der letzte Film „Batman Begins" zog vor drei Jahren nur etwa über 800000 Deutsche in die Kinosäle.

In den USA dagegen sind aufwändige Comicverfilmungen eine sichere Bank – nun schon seit sieben Jahren. Sieben Jahre? Das entspricht in etwa der Amtszeit von George W. Bush. Wenn er am 20. Januar 2009 abdankt, werden sich während seiner Ära mehr Comic-Helden auf der Leinwand getummelt haben als je zuvor.

Bush selbst wird das gefallen. „Superhelden sind für Amerika die mythischen Figuren des 20. Jahrhundert. In 500 Jahre werden sie für die Menschen den Stellenwert haben wie König Artus und Merlin heute", behauptet Regisseur Bryan Singer, der 2006 mit „Superman Returns" den amerikanischsten aller Strampelanzugträger reaktivierte.

Im Auftrag Gottes

George W. Bush junior glaubt, im Auftrag Gottes zu handeln, und er, der früher mit Alkohol- und Minderwertigkeitsproblemen zu kämpfen hatte, sieht sich seit seiner Glaubensbekehrung zu den Methodisten 1986 als wiedergeborener Christ und läutete damit seine politische Karriere ein. Einem Superhelden nicht unähnlich. Denn ob nun Spider-, Super- oder Batman – sie alle mussten zunächst ihre tiefsten Abgründe erforschen, mit dem alten Leben abschließen, um geläutert die Welt vom Bösen zu befreien. Solche Worte benutzte auch Bush nach den Anschlägen vom 11. September – ein Schwarzweißdenken wie aus einem Comic, wo Schurken wie Lex Luthor („Superman") oder der Joker („Batman") die Weltherrschaft an sich reißen wollen. Genau so einen personifizierten Bösewicht sah Bush in Saddam Hussein. Und Bushs Irak-Koalition der „Gutwilligen“ klingt nach einer Superhelden-Vereinigung wie „The Avengers", „X-Men" oder „Fantastic Four".

Generell ist der Superheld aber Einzelkämpfer und militante Figur: „Eine fragliche Vorbildfunktion", meint US-Professor Robert Jewett, der sich seit über 30 Jahren mit der Entwicklung des US-Superhelden in der Unterhaltungsindustrie beschäftigt. In zwei Büchern, „The Myth Of The American Superhero" und „Captain America Complex In A Time Of Jihad", kommt er zu dem paradoxen Schluss, dass die Amerikaner einerseits an dem demokratischen Grundgedanken ihrer Verfassung festhalten wollen, andererseits sich nach dem einen Mann sehnen, der in guter alter Wild-West-Tradition die Schurken zur Strecke bringt.

Absatz gestiegen

Laut Jewett hat Bush diese Rolle sofort und effektiv übernommen. Und seit 9/11 ist auch der Absatz von Superhelden-Comics um 20 Prozent gestiegenen.

Der erste „Spider-Man"- Film wurde noch mit dem World Trade Center im Hintergrund gedreht. Für die fertige Fassung im Frühjahr 2002 wurden die Türme wegretuschiert. Inzwischen werden in neueren Comic-Verfilmungen – wie „Iron Man" oder „Der unglaubliche Hulk" – wieder ganze Straßenzüge New Yorks in Schutt und Asche gelegt. Hauptsache, das Böse wird ausgemerzt und Rachegelüste sind befriedigt. Dabei ist der Superheld niemandem Rechenschaft schuldig. Er darf außerhalb der Gesetzes und Grundwerte agieren. Das passt zur präsidialen Folter-Erlaubnis mit „Waterboarding“.

Und in „The Dark Knight" prügelt Batman (Christian Bale) auf brutale Weise seinen Widersacher (gespielt von dem im Januar verstorbenen Heath Ledger) nieder – mit der Erlaubnis von Polizeibeamten, die hinter einer Spiegelscheibe zuschauen. Als Batman auch noch eine Lauschaktion in der Bevölkerung durchführt, meint sein Mentor (Morgan Freeman) aber, das sei zu viel Macht in den Händen eines Einzelnen. Eine Anspielung darauf, dass es auch Bush zu weit getrieben hat?

Regisseur Christopher Nolan: „Während Superman symbolisiert, wie sich die Amerikaner gern selbst sehen, ist Batman Ausdruck dafür, wie der Rest der Welt Amerika sieht“ – als System, das sich wie Batman die Hände schmutzig macht. Am Ende flieht Batman in der Hoffnung, dass die Zeit für ein sauberes Regime gekommen sei, in dem kein Platz mehr für ihn ist.

Hollywood unterstützt jetzt Obama

In liberalen Filmgeschäft Hollywood war Bush nie beliebt. Die meisten unterstützen jetzt Obama. Sollte er gewählt werden, bleibt abzuwarten, wie Hollywood reagiert. Vielleicht bekommen Helden der nächsten Comicverfilmungen wieder eine weiße Weste verpasst. „The Spirit", „Die Wächter" und „Captain America" sind bereits in Produktion.

Markus Tschiedert

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.