Bam bam bamm!

Deep Purple ist eine Rockband, einerseits. Aber auch eine Suchtkrankheit, die manche Fans nie mehr los werden. Unser Autor ist so einer. Er besucht heute sein 20. Deep Purple-Konzert
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Deep Purple ist eine Rockband, einerseits. Aber auch eine Suchtkrankheit, die manche Fans nie mehr los werden. Unser Autor ist so einer. Er besucht heute sein 20. Deep Purple-Konzert

Ich bin krank. Lebensbedrohlich ist es nicht, aber ziemlich ernst. Nein, Sie würden mir im normalen Leben nichts anmerken. Obwohl ich mich schon im Alter von zwölf Jahren mit einem Virus infiziert habe, den ich seither nicht mehr losgeworden bin.

Mit zwölf habe ich meiner älteren Schwester eine Platte gemopst. „Shades of Deep Purple“ hieß die. Sie war verkratzt, hatte ein peinliches Cover und war wunderbar. Ich habe sie wieder und wieder gehört und meine Familie damit wahnsinnig gemacht. Mit 13 habe ich meine erste Deep-Purple-LP gekauft: „Stormbringer“. Schickes Cover; mit 13 ist einem so etwas wichtig. Als nächstes kam „Made in Japan“, für Deep-Purple-Fans das beste Live-Album der Rockgeschichte.

140 Platten, 220 CDs, sechs DVDS, sechs Bücher, zwei Singles, zwei Maxis

Damit war es um mich geschehen. Seitdem habe ich weitere 140 Platten und 220 CDs von Deep Purple oder von Mitglieder der Band sowie sechs DVDs und sechs Bücher gekauft. Ach ja, und zwei Singles und zwei Maxis. Außerdem befinde ich mich im Besitz von mehreren Aktenordnern mit Interviews und Zeitungsausschnitten und besuche fast täglich Homepages wie thehighwaystar.com oder deep-purple.net.

Krank, finden Sie? Man muss sich das so vorstellen: Wenn, sagen wir mal, Uma Thurman mir ein Date anbietet für einen Tag, an dem es ein Deep-Purple-Konzert gibt, hat Uma eben Pech gehabt. Oder sie kommt mit.

Ich gehöre allerdings nicht zu der Spezies, die sich jede Liveaufnahme oder jedes Bootleg kauft. 60, 70 verschiedene Live-Versionen von „Smoke on the Water“ reichen für den Normalgebrauch völlig aus.

Die Wiedervereinigung war der schönste Tag meines bisherigen Lebens

Bedauerlicherweise hatte sich die Band, als ich sie 1978 entdeckte, zwei Jahre zuvor aufgelöst. Als aber 1984 die Wiedervereinigung bekannt gegeben wurde, war der schönste Tag meines bisherigen Lebens. Als ich 1985 mit 80000 Menschen auf dem Mannheimer Maimarkt stand und sie zum ersten Mal live sah, wiederum. Es gibt im Deep-Purple-Bildband von Didi Zill ein Foto des Publikums an dem Abend. Der Typ mit den langen Haaren und der dämlichen Brille in Reihe fünf, der so breit grinst, das bin ich.

Was so besonders ist an der Band? Nun, zuallererst einmal gibt es sie noch. Das Zeitalter der großen Rock-Bands ist nämlich vorbei. Led Zeppelin? Tot. Black Sabbath? Tot. Pink Floyd, Genesis, Queen? Alle tot. Außer Deep Purple sind in der Oberliga nur noch die Stones übrig geblieben.

Zum anderen besteht die Gruppe aus Virtuosen, was man live am besten mitbekommt: Wer einmal ein Gitarrensolo von Steve Morse gesehen und gehört hat, dürfte das nie wieder vergessen. Bei meinem ersten habe ich geheult.

Drittens: Wegen der vielen verschiedenen Besetzungen der Band kann man sich herrlich darüber streiten, welche denn nun die beste war. Es soll verstörte Menschen geben, für die ist Deep Purple ohne Ritchie Blackmore nicht mehr Deep Purple. Für mich persönlich ist Steve Morse der liebe Gott, und wem das nicht genauso geht, soll sich das Gitarrensolo auf der Live-CD „Total Abandon“ anhören und mich in Ruhe lassen.

Manchmal sind es Gassenhauer, zugegeben

Schließlich: Die Musik schwebt Lichtjahre über dem, was man gemeinhin unter Hardrock oder gar Heavy Metal verbucht. Deep Purple macht intelligente Musik, die aber trotzdem sofort in den Bauch geht. Manchmal sind es Gassenhauer, zugegeben. Aber man kann sie mitgrölen, ohne sich doof dabei vorzukommen. Auf der anderen Seite besteht der Unterschied zu – sagen wir – Pink Floyd darin, dass Deep Purple auch noch Spaß macht.

Heute Abend spielt Deep Purple in der Olympiahalle, am Sonntag Jon Lord (der leider 2002 aus der Band ausgestiegen ist) in der Philharmonie. Das ist ungefähr so, als fielen Ostern, Weihnachten und Geburtstag auf dasselbe Datum. Zumal die vage Chance besteht, dass Jon Lord noch einmal zu seinen Kollegen auf die Bühne kommt, wenn er eh schon in der Stadt ist.

Sollten Sie also in der Olympiahalle einen Menschen treffen, der heftig Kopf und Fäuste schüttelt, breit grinst, jedes einzelne Wort mitsingt und bei einem Gitarrensolo vielleicht mal heult, dann bin ich das. Es ist mein 20. Deep Purple-Konzert. Mit anderen Worten: Hurra!

Gerrit Faust

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