Avatar: Erweiterte Öko-Kampfzone
Alles drin im teuersten Film aller Zeiten: „Avatar“ ist Weltenrettungsfilm, Sci-Fi mit Ökobotschaft, romantische Liebesgeschichte. Und Cameron hat das Kino in die dritte Dimension katapultiert.
Kann man eine dreiviertel Milliarde Dollar sehen? Ja, atemberaubend, actiongeladen und naturromantisch in „Avatar“, aber nur mit sonnenbrillen-ähnlichen Polarisations-Gläsern auf der Nase.
Obwohl der bisher teuerste Film ein Science-Fiction ist, in dem die Menschen Bodenschätze braunkohleartig aus dem Planeten Pandora kratzen, nutzt der „Titanic“-Regisseur die neue Dimension nicht im Star-Wars-Stil, sondern – im Gegenteil – vor allem für ein Überwältigungs-Naturerlebnis. Denn hinter der allzu klassischen Weltbedrohungs-Katastrophenfilm-Dramaturgie mit unvermeidlicher, eingeflochtener Liebesgeschichte steckt Tiefsee-Freaks Camerons aktuelle Öko-Botschaft: Rettet den „grünen Planeten“ vor kapitalistischer Totalausbeutung. Im Film heißt er Pandora, aber meint natürlich unseren „blauen Paneten“ Erde. Wer die Berichte des Völkerkundlers Levi-Strauss über das kulturelle Ende der brasiliansichen Naturvölker durch den Zivilisations- und Urwaldrodungs-Druck kennt, ahnt, woher Cameron die Idee seiner „traurigen Tropen“ hat.
In diese Welt – mit einer urwald-riesigen Weltesche im Zentrum – wird ein Held (Sam Worthington) wie Parzival geschickt – „mit starkem Herz, ohne Furcht, aber wie ein Kind“, wie ihn die emanzipierte sexy Naturvolk-Amazonin (Zoe Saldana) als rettenden „reinen Thor“ erkennt.
Man hat ihn bio-technisch in einen Naturvolk-Körper gesteckt, damit er als unerkannt menschlicher Spion auf Pandora handelt. Aber er identifiziert sich mit den Opfern seiner Mission und will als kultureller Grenzgänger mit ihnen den naturzerstörerischen, fascho-kapitalistischen Menschenangriff abwehren – im Flugsaurier-Ritt mit Pfeil- und Bogen gegen High-Tech-Bomber, die vietnamkrieg-artig den kosmischen Urwald entlauben.
Das klingt und ist fantastisch, auch wenn die visuellen Ideen letztlich nahe an unseren irdischen Bedingungen bleiben: Die Tierwelt ist saurier-artig und die Mitglieder des Naturvolkstamms der Na’vi - ein Wortspiel mit dem Begriff „naiver“ Völker – sind zwar übergroß und blaugrün. Aber ästhetisch sind sie an Brasilianische Idios mit Aborigines-Aspekt angelehnt: Symbole für aussterbende Urvölker. Wenn sie sich zur kultischen Massenversammlung treffen, bedient sich Cameron sogar einer Leni-Riefenstahl-Überwältigungs-Ästhetik.
Adrian Prechtel
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