Aus der Not eine Tugend gemacht
Das Münchner Volkstheater in der Brienner Straße nahe dem Stiglmaierplatz hat sich in 25 Jahren fest etabliert und feiert am Samstag Jubiläum
Totgesagte leben länger. Es gab Zeiten, da hätte niemand auch nur ein Fünferl auf die Zukunft des Münchner Volkstheaters gewettet. Schon in den Jahren des ersten Intendanten Jörg-Dieter Haas musste das 1983 neugegründete Haus in der Brienner Straße ständig ums Überleben bangen. Neben den Kammerspielen und dem Staatsschauspiel blieb die städtische Bühne das Stiefkind unter den Münchner Theatern, ausgestattet mit einem so mageren Etat, dass es weder zum Leben noch zum Sterben reichte.
Jörg-Dieter Haas, vorher Dramaturg und Regisseur am Resi, eröffnete seine fünfjährige Intendanz mit Karl Schönherrs Tirol-Stück „Glaube und Heimat“. Er setzte vor allem auf bekannte Volksschauspieler: Gustl Bayrhammer, Beppo Brem, Helmut Fischer, Willly Harlander, Karl Obermayr, Enzi Fuchs, Rita Russek und Maria Singer. Künstlerische Großtaten sind aus Haas’ Ära allerdings nicht überliefert.
1988 übernahm Ruth Drexel die Leitung. Sie startete mit der Uraufführung von Herbert Achternbuschs Mysternspiel „Sintflut“; spielte Brecht, Horváth, Kroetz, Turrini, Raimund und William Shakespeare. Protagonisten des Ensembles waren die Chefin und ihr Lebensgefährte Hans Brenner, unter anderen spielten die große Christine Ostermayer, Nikolaus Paryla, Tobias Moretti und Wolfgang Maria Bauer. Claudia Wipplinger und das Komödianten-Duo Erwi & Alvi wurden Publikumslieblinge.
Als Ruth Drexel sich nach zehn Jahren zurückzog, wirkte die Bühne doch schon ein wenig verstaubt. Einen Neuanfang erhoffte man sich 1998 von Hanns-Christian Müller, der mit Gerhard Polt erfolgreiche Filme und Bühnenshows inszeniert hatte.
Doch Müller bescherte dem Haus ein grandioses Debakel und fuhr es in nur acht Monaten mit Produktionen auf billigstem Niveau so gegen die Wand, dass selbst Theaterliebhaber meinten, es sei vernünftiger, diese Bühne ganz abzuschaffen. Nach seinem erzwungenen Rücktritt sprang Ruth Drexel noch einmal als Nothelferin ein und leitete das Volkstheater erneut bis 2002.
Die große Wende kam mit Christian Stückl. Der Oberammergauer Passionsspielleiter wusste, dass er mit einem Etat von nur 4,5 Millionen Euro keine Stars verpflichten konnte und vertraute auf die Jugend. Von den Schauspielern, die bei ihm anfingen, wurden Brigitte Hobmeier und Maximilian Brückner zu Stars. Mit jungen Regisseuren und dem jährlichen Festival „Radikal jung“ holte er auch junge Zuschauer ins Haus.
Nun kann Stückl das 25-jährige Bestehen des Volkstheaters feiern – am Samstag ab 20 Uhr mit vielen Künstlern, darunter die Geschwister Pfister und La Triviata. Christoph Süß moderiert die bunte Jubiläums-Gala.
Gabriella Lorenz