Augenringe gehören dazu

Claus Kleber leitet seit 2003 das ZDF-„heute-journal“. Mit seiner Frau und den beiden Töchtern (19 u. 21) lebt er in Wiesbaden. Der 52-Jährige über seine blauen Augen und den Kampf um ein jüngeres Publikum
von  Abendzeitung

Claus Kleber leitet seit 2003 das ZDF-„heute-journal“. Mit seiner Frau und den beiden Töchtern (19 u. 21) lebt er in Wiesbaden. Der 52-Jährige über seine blauen Augen und den Kampf um ein jüngeres Publikum

AZ: Herr Kleber, man hört, Sie haben Nachwuchssorgen. Was ist da los?

CLAUS KLEBER: Von 100 jungen Leuten schalten 93 etwas anderes ein als das „heute-journal“ – keine schöne Aufteilung.

Wie wollen Sie das ändern?

Mit Gimmix nicht. Zu sagen: „Huch, ab heute sind wir schrecklich jung“, wäre eher peinlich. Ich bin 52 Jahre alt und habe kein Problem, mit jungen Leuten zu sprechen. Aber selbst bin ich eben kein junger Leut mehr. Wir müssen also konsequent gutes Nachrichtenprogramm machen, damit uns auch die jungen Leute nutzen.

Wie sieht das konkret aus?

Nehmen wir die Bahnreform: Die jungen Leute wollen weder das Politiker-Geblubber noch den Schicksalsbericht über einen um seinen Arbeitsplatz besorgten Bahnmitarbeiter. Sie wollen wissen: Worüber streiten die da wirklich? Wer verdient die Milliarden und was hat das mit mir zu tun? Bilder von ein paar Zügen, dazu einen Sonnenaufgang und Politiker-O-Töne – das reicht nicht.

RTL liegt im News-Bereich bei den Jungen vorne. Würde „RTL aktuell“ nicht doch den besorgten Bahnarbeiter zeigen?

Prima, in den Wettbewerb gehe ich gerne. Denn ich glaube, dass wir in einer neuen Phase des Nachrichtengeschäfts sind. Die erste war die klassische „Tagesschau“-Phase, wo alle möglichen Beteiligten – Politiker und Verbandsmitglieder etwa – zu Wort kamen. Weil das aber niemanden mehr interessiert hat, hat man die Betroffenen-Perspektive entdeckt. Ich glaube tatsächlich, dass auch diese Phase jetzt zu Ende geht und man den Kern des Problems glasklar darstellen muss.

Schauen Ihnen eigentlich Ihre eigenen Töchter zu?

Ja, aber die sind auch vorbelastet – dafür sehr erbarmungslos. Die sagen schon mal: Heute war’s total langweilig, da hab’ ich abgeschaltet. Und dienstags, wenn „Gilmore Girls“ und „Dr. House“ laufen, habe ich gar keine Chance. Ihre Freunde aber sagen, dass sie uns ganz gut finden. Natürlich werden die den Teufel tun und den Vater der Freundin beleidigen.

Es wird auch ein neues Studio geben, oder?

Ja, mit neuen technischen Möglichkeiten. Die Zuschauer werden aber noch das Gefühl haben, Nachrichten zu gucken und nicht Klebers bunte Bude.

Und weil es noch so viel beim „heute-journal“ zu tun gibt, wollten Sie nicht „Spiegel“-Chef werden?

Genau, so ein paar Wochen lang kam schon noch ab und an der Gedanke: Das hättest du ja auch machen können. Aber inzwischen liegt auch das hinter mir – als ein schönes Kapitel.

Weil das Angebot geschmeichelt hat?

Eine Beleidigung war es nicht. Ich habe eine Menge guter Leute kennen gelernt. Der „Spiegel“ ist gar nicht so abschreckend wie immer getan wird.

Was sagen Sie den Kritikern am öffentlich-rechtlichen Internetauftritt?

Ich verstehe nicht, warum man uns verbieten will, Programme, die älter als sieben Tage sind, im Internet anzubieten. Sie gehören doch den Zuschauern, weil sie mit ihren Gebühren das Programm bezahlt haben. Echte Informationsangebote darf man nicht beschränken.

Wie wär’s denn dann mit einem gedruckten „heute-journal“-Magazin, finanziert mit Gebührengeldern?

Das Internet ist ein neuer Marktplatz zwischen Print und TV. Ich sag’ ja nicht, dass wir hier einen Vernichtungskrieg gegen die Printmedien führen dürfen. Doch unser Informationsauftrag darf nicht leiden. Und den erfüllen wir in der elektronischen Welt ungleich besser als private Medien.

Aber auch, weil Sie die finanziellen Mittel haben, oder?

Zwischen dem was der „Spiegel“ und wir für Informationsangebote zur Verfügung haben, liegen keine Welten. Wir müssen das Geld nicht auf dem Werbemarkt verdienen.

Wann findet bei Ihnen eigentlich Familienleben statt?

Für uns als Familie ist das Frühstück sehr wichtig. Und die Zeit ab elf, halb zwölf Uhr abends. Die Augenringe gehören bei uns zum Berufsbild.

Die hat die Öffentlichkeit noch nicht entdeckt, dafür das Interesse an der Haarlänge von ARD-Kollege Tom Buhrow . . .

...und bei mir sind’s die blauen Augen. Hin und wieder werde ich gefragt, ob ich farbige Kontaktlinsen trage. Ich finde das albern, aber zum Glück spielt unser Aussehen in der Berichterstattung keine große Rolle.

Interview: Angelika Kahl

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