Aufklärung statt Stachelstuhl: „Hexen – Mythos und Wirklichkeit“
Vom Scheiterhaufen bis zu Magie und Aberglauben: Eine Ausstellung in Speyer am Rhein erklärt mit großer Sensibilität die Geschichte der Hexen.
Hexen sind kein einfaches Thema für ein Museum, das auf sich halten will. Groß ist die Gefahr, zu sehr mit Grusel und Schockeffekt zu arbeiten oder auf Besenstil-Esoterik zu verfallen. In Speyer am Rhein, wo vor 524 Jahren der berüchtigte „Hexenhammer“, eine Art Aufruf zur Hexenverfolgung, veröffentlicht wurde, zeigt das rührige Historische Museum der Pfalz mustergültig, wie man eine solche Aufgabe meistern kann.
Natürlich gibt es bei „Hexen – Mythos und Wirklichkeit“ reichhaltig Anschauungsmaterial aus der Galerie der Folterwerkzeuge – von Stachelstühlen, Spanischen Stiefeln bis zu Daumenschrauben und Streckbänken ist alles geboten, was der Mensch in seiner Grausamkeit sich ausdenken kann. Doch das Beispiel der Darstellung eines Scheiterhaufens zeigt, dass die Ausstellungsmacher sensibel und umsichtig genug waren, um im richtigen Moment sozusagen die Flammen des Populismus nicht weiter anzufachen: In originaler Größe wurde das Hinrichtungsinstrument nachgebaut, doch auf die Figur einer zu verbrennenden Frau verzichtet – statt dessen sieht man auf den Wänden in die mittels Filmprojektion erzeugten Gesichter eines mittelalterlichen Gaffer-Publikums. So werden Schrecken, Abscheu und Sensationslust eindrucksvoll dargestellt, ohne das heutige Publikum nochmal in die gleiche Gaffer-Rolle zu zwingen.
Auch sonst ist die Ausstellung hochinformativ; sie wird ihrem aufklärerischen Anspruch gerecht. Die Geschichte von Magie und Aberglauben wird nüchtern, aber anschaulich und spannend erklärt. Und am Ende wird klar, was für eine vielfältige Bedeutung der Hexenbegriff überhaupt hat. So rundet sich das Bild einer Ausstellung, die sich exakt und sicher auf dem schmalen Grat zwischen Wissenschaft und Edutainment bewegt.
Michael Grill
„Hexen – Mythos und Wirklichkeit“, bis 2. Mai im Historischen Museum der Pfalz in Speyer am Rhein. Der Kinderteil der Ausstellung ist bis 13. Juni zu sehen. Geöffnet Di. bis So. 10 bis 18 Uhr
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