Aufbruch in ruhigere Zeiten

Der Schrecken gehört dazu: Martin Kušej zog Bilanz seiner ersten Spielzeit als Resi-Intendant und präsentierte das Programm der nächsten Saison, in der es mehr Klassiker zu sehen gibt
Michael Stadler |
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Der Schrecken gehört dazu: Martin Kušej zog Bilanz seiner ersten Spielzeit als Resi-Intendant und präsentierte das Programm der nächsten Saison, in der es mehr Klassiker zu sehen gibt

Die Mechanismen eines ersten Amtsjahrs sind überall dieselben, ob in der Politik oder im Theater. Mit zuversichtlichen Worten tritt der neue Chef an, später bleibt nichts anderes übrig, angesichts der gemachten Erfahrungen den Sturm und Drang zu relativieren. „Man muss die Radikalität ein bisschen zurückschrauben“, meinte Resi-Intendant Martin Kušej am Dienstag bei der Pressekonferenz zur nächsten Spielzeit.

Zuvor drückte er mit einem Heiner-Müller-Zitat aus, was seinen Anfang schwer machte: „Die erste Gestalt des Neuen ist der Schrecken“ – damit ist die Reaktion mancher Zuschauer auf die Experimentierfreude des neuen Intendanten gemeint, auf mehr oder minder geglückte Inszenierungen, die den alten Resi-Sehgewohnheiten entgegen liefen und „Irritationen“ erzeugten, deren Bewertung je nach Geschmack unterschiedlich ausfallen werden. Nicht jeder Schrecken birgt ein Glück.

70 Prozent Auslastung in der ersten Spielzeit, das ist kein Ergebnis zum Jubeln. „Normaler Durchschnitt“, resümiert Kušej, und: „Alles ist zu steigern.“ Aus den Erfahrungen der Vergangenheit wolle er lernen, wobei er seine Intendanten-Rolle weiterhin offen definiert. „Ich bin da auf keinem Weg“, meint Kušej. Es breite sich eher was aus, „das ist mehr eine Fläche“. So verzichtet Kušej auch im neuen Spielzeitheft auf ein Grußwort: Das Ensemble stehe im Zentrum, nicht er. Im Großen und Ganzen bleibt das Team auch erhalten, den großen Nicholas Ofczarek hat es aber bereits weg von der Isar in die Heimat gezogen: „Er ist halt doch a Wiener.“

Dass die neuere Bühnenliteratur in München (und wohl auch anderswo) nicht unbedingt das Publikum in Scharen ins Theater zieht, war eine der Lehren für Kušej, weshalb er in der nächsten Saison mehr auf bekannte Titel setzt: Ist die letzte große Inszenierung dieser Spielzeit der „Sommernachtstraum“ </CF>(Premiere am Samstag), so startet auch die nächste mit einem William Shakespeare: Tina Lanik inszeniert „Der Widerspenstigen Zähmung“ (2. Oktober), Schillers „Kabale und Liebe“ setzt Amélie Niermeyer im Februar in Szene, und Calixto Bieito holt Büchners „Leonce und Lena“ ins Heute (im Juni).
Kušej persönlich nimmt sich Ibsens „Hedda Gabler“ vor, mit Birgit Minichmayr in der Titelrolle. Der psychologische Realismus bleibt sein Steckenpferd, speziell die Kampfsituationen, die sich nicht nur zwischen den Geschlechtern ergeben. Zwei Frauen bekriegen sich in David Mamets „Die Anarchistin“ , Kušej inszeniert das Stück im Dezember. Die Lust an Experimenten, dem Cross-Over zwischen den Künsten lässt der Chef sich jedoch weiterhin nicht nehmen: Dem Film-Klassiker „Lola Montez“ nähern sich Tom Kühnel und Jürgen Kuttner musikalisch an (25. Januar), in Kooperation mit dem Figurentheater-Forum findet im Januar eine Gastspiel-Reihe statt, in der Menschen und Puppen zum Thema „Sterben“ spielen. Das könnte neue Schreckensschauer erzeugen. Aber vielleicht werden sie ja auch wohlig sein.

Das ganze Programm steht auf der neu gestalteten Webpage unter www.residenztheater.de

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