Auf dem Tsunami reiten
Die erfolgreiche Kabarettistin und AZ-Kolumnistin Lisa Fitz über die Sender, die das TV mit seichter Unterhaltung überschwemmen, die eigene RTL-Serie und ihre Versöhnung mit Fritz Raff
Lange hat es gedauert, aber jetzt kehrt Lisa Fitz als „Die Gerichtsmedizinerin“ zurück. In acht neuen Folgen gibt es wieder jede Menge zu tun für die bayrische Import-Koryphäe Hanna Wildbauer am kriminaltechnischen Institut in Hamburg.
AZ: Frau Fitz, Hanna Wildbauer sagt, ein Bayer ist überall fremd. Können Sie das nachvollziehen?
LISA FITZ: Im Gegenteil, ich persönlich fühle mich selten wo fremd. Der Bayer bekommt oft schneller Kontakt als ein Nordlicht. Wo der Hamburger drei Wochen braucht, schafft das der Bayer an einem Tag, weil er direkter auf die Leute zugeht. Der Norddeutsche wartet erst einmal vornehm ab.
Was ist Ihnen lieber?
Die Zurückhaltung der Hamburger kann auch recht angenehm sein, gerade wenn man als Lisa Fitz durch die Stadt geht. Man wird nicht so angestarrt oder direkt angeredet. Allerdings sind die Hamburger eben auch kühler.
Die zweite Staffel lag lange auf Eis, obwohl die ersten Folgen gut liefen. Warum?
Das entzieht sich meiner Kenntnis. Sicher hatte es auch etwas mit dem Wechsel der Verantwortlichen bei RTL zu tun. Vielleicht hatte man auch Vorbehalte, weil die Gerichtsmediziner-Serie „Post Mortem“ anfangs nicht gut lief. Es wurde auch lange das Konzept diskutiert, wie stark die Serie auf Humor setzen sollte.
Macht nicht gerade der Humor die Serie aus?
Natürlich. Hannes Jaenicke ist ein toller Schauspieler, aber „Post Mortem“ hat mir nicht gefallen, weil die Serie bierernst war. Dazu noch die hektische Kamera. Mein Konzeptvorschlag wäre, weiterhin den Kurs der ersten vier Folgen von „Die Gerichtsmedizinerin“ zu fahren und auf die eigensinnige Figur der Wildbauer mit ihrem Humor zu setzen. Ich glaube, „Die Gerichtsmedizinerin“ hatte und hat das Zeug zur Kultserie.
Sie würden gerne als Hanna Wildbauer weitermachen?
Unter Umständen ja, das Kabarett fordert mich ja zeitlich auch stark. RTL wartet jetzt erst mal diese Staffel ab, das Fernsehen denkt ja quotenorientiert. Funktioniert etwas nicht, ist es oft gleich wieder weg. Ich finde das falsch, denn der Zuschauer braucht Zeit, um sich an ein Format zu gewöhnen. Es wird immer mehr flacher Unsinn gesendet.
Ist das Fernsehen also tatsächlich so schlecht, wie Marcel Reich-Ranicki behauptet?
Niemand hat was dagegen, dass es leichte Unterhaltung gibt, auch ich habe Ausflüge in seichte Gewässer gemacht. Wenn diese UN-terhaltung aber die Sender tsunamiartig überschwemmt, finde ich das recht gefährlich. Dann werden wir so bildungsschwach wie die Amerikaner.
Vier Jahre nach dem Dschungelcamp haben Sie sich mit SR-Intendant Fritz Raff ausgesöhnt. Warum jetzt?
Ich hatte das Gefühl, man hat darauf gewartet, dass ich einmal offiziell sinngemäß sage: Es war ein Fehler, diese Sendung war mit meiner Arbeit nicht zu vereinbaren. Persönlich bin ich der Meinung, dass man auch einem Kabarettisten zugestehen darf, in 30 Jahren mal was Unsinniges zu machen, ohne dass jeder sofort aufheult. Ich habe diesen Fauxpas begangen und ihn als Fehler benannt. „Man muss Fehler auch verzeihen können“, sagte Fritz Raff – und damit ist es jetzt gut, hoffe ich.
Am 7. November hat Ihr Bühnenprogramm „Super plus! – Tanken & Beten“ Premiere. Mussten Sie das, nach der Bayernwahl, umschreiben?
Wenn man ein Programm für drei Jahre baut, kann man nicht hundertprozentig aktuell sein und ständig alles umschreiben. In Teilen nehme ich auf Aktuelles schon Bezug – aber das Programm selbst befasst sich mit längerfristigen Entwicklungen wie der Situation in Krankenhäusern, unseren Familien, Angstmache und Preistreiberei.
Was sagen Sie zum neuen Ministerpräsidenten?
Seehofer hat jetzt zwei Ämter und eine Frau, vorher war es umgekehrt. Eine richtige Alternative hat es ja nicht gegeben.
Angelika Kahl
„Die Gerichtsmedizinerin“ läuft immer donnerstags um 22.15 Uhr bei RTL