Auch in der Staatsoper herrscht tiefer Winter
Wagners „Tannhäuser“ unter Kent Nagano im Nationaltheater
Nikolaus Harnoncourt, um flotte Sprüche nie verlegen, meinte vor kurzem, Gershwin sei subtiler als Wagner. Ein Werbe-Gag für seine „Porgy and Bess“- CD. Immerhin: Manchmal gab ihm die vierstündige Wiederaufnahme des „Tannhäuser“ in der Staatsoper Recht. In den Ensemble-Szenen des zweiten Akts, aber auch im gewaltigen Schlusschor, zu dem sich die Ritter vereinigen, um die Erlösung des bedauernswerten Titelhelden zu preisen, klang die Musik glatt und oberflächlich-effektvoll, ein Eindruck, an dem Kent Nagano nicht unschuldig war.
Zum ersten Mal dirigierte er diese eher lustvoll-augenzwinkernde statt anrührende Inszenierung von David Alden und blieb dabei immer cool. Anstatt Klangwunder herbei zu zaubern, ging er auf Distanz und begnügte sich mit dem, was in den Noten steht. Bisweilen herrschte zwischen Bühne und Orchestergraben einige Verwirrung. Allzu viel Hilfe konnten die Sänger nicht erwarten.
Routiniers wie Matti Salminen (Landgraf) und Waltraud Meier, immer noch eine staunenswert präsente Venus, waren deshalb deutlich im Vorteil. Michael Volles Wolfram überzeugte in den dramatischen Momenten mehr als im „Lied an den Abendstern“, wo ihm Zurückhaltung schwer zu fallen schien. Petra-Maria Schnitzer sang die Elisabeth innig und ausdrucksstark. Ihr Gebet im Schlussakt geriet zum Höhepunkt. John Treleavens Tannhäuser musste, trotz eindrucksvoller „Rom-Erzählung“, Buhs einstecken. Er war der Schwächste – und entsprach damit durchaus der Rolle, die er darzustellen hatte.
Volker Boser
Die Vorstellungen am 16. und 19.1. sind ausverkauft