Auch Äußerlichkeit wirkt betörend
Geigerin Julia Fischer mit dem Konzert von Chatschaturian
Besser lässt sich die 20. Caprice von Niccoló Paganini nicht spielen. Mit souveräner Gelassenheit schaltete Julia Fischer zwischen dem ländlichen Dudelsack-Gesang und der brillanten Heftigkeit des Mittelteils hin und her. Leicht unterkühlt, ohne Geigenzirkus und mit dem einer Bach-Partita würdigen geschmackvollen Ernst meisterte die geborene Münchnerin diese effektvolle Zugabe.
Die gleiche Makellosigkeit und Perfektion wandte die 25-Jährige zuvor Aram Chatschaturians Violinkonzert zu. Angesichts des doppelten Dutzends dreimal so aufregender Werke von John Adams über Schostakowitsch bis Bernd Alois Zimmermann hat sich diese stalinistische Parteikunst einen Ehrenplatz in der Ramschkiste des 20. Jahrhunderts verdient.
Das Können zeigen
Aber die Geigerin konnte in dem 1940 für David Oistrach geschriebenen Werk zeigen, was sie drauf hat: Sonores Spiel auf der G-Saite, motorische Kraft, stählerne Süße im Kopfsatz und Finale, geschmackvolle Elegik und Seelenschwermut im Andante sostenuto mit seinen flachen Orchesterausbrüchen. Mehr als polierte Oberfläche aber ist aus diesem kaukasischen Kracher nicht herauszuholen. Aber dank Fischers Können betörte auch der pure äußerliche Reiz.
Mit selbigem ließ es das Nederlands Philharmonisch Orkest unter Yakov Kreizberg auch beim zusammengewürfelten Rest des Abends bewenden. Er begann mit der vom Kapellmeister oder dem verflixten Gasteig in ein Konzert für drei Posaunen und Tuba verwandelten Ouvertüre zu Wagners „Holländer“. Rustikale Kraft bestimmte auch Beethovens Siebte, die ohne historisches Bewusstsein als Hausmannskost dargeboten ward.
Robert Braunmüller
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- Ludwig van Beethoven