Anna Todd: vom One-Direction-Fan zum Superstar

Die US-Autorin wurde durch Fan-Fiction zur millionenfach gelesenen Bestsellerautorin  
von  Volker Isfort
Die US-Autorin wurde durch Fan-Fiction zur millionenfach gelesenen Bestsellerautorin
 

Manche Märchen wären ohne die neue Vernetzung der Welt nicht möglich: Allein eine halbe Million Exemplare ihrer „After Passion“-Serie hat Anna Todd in den letzten zwei Monaten in Deutschland verkauft, aktuell führt sie die Bestsellerlisten an. „Wow“, sagt die 26-jährige Texanerin dazu und nimmt einen Schluck Milchcafé in ihrem Münchner Hotel. So ganz scheint sie ihrem neuen Leben noch nicht zu trauen. Vor zwei Jahren war sie noch ein „Army-Wife“ auf Jobsuche, mit wenig Selbstbewusstsein, wie sie selber sagt. Bis sie sich eines Sonntags im Jahr 2013 an den Computer setzte und das erste Kapitel einer College-Romantik-Saga begann, die bislang schon in 36 Ländern für Furore sorgt. Sie ersann sich die Story für eine Fanpage der Popgruppe One Direction und lehnte ihre Hauptfigur an den Sänger und Teenieschwarm Harry Styles an.

„Ich habe das nur als Fan gemacht, absolut nicht mit der Absicht, populär zu werden“, sagt Todd, deren eigene College-Erfahrung sie als „sehr langweilig“ beschreibt. Sie heiratete mit 18 Jahren und wohnt seitdem mit ihrem Mann in Austin, Texas. Es sei ihr erstaunlich leicht gefallen, drei, vier Kapitel pro Woche zu schreiben, sagt sie, auch wenn sie selber nicht die geringste Ahnung hatte, wohin die Geschichte mit der naiven Tessa, die sich in den tätowierten Harry verliebt, führen könnte.

Zwei Monate nach ihrer literarischen Initialzündung hatte Todd bereits über eine Millionen Abrufe. Immer mehr Leser kommentierten leidenschaftlich den Fortgang der Soft-Sex-Romantik-Story, und es dauerte nicht mehr lang, bis die Filmrechte optioniert wurden und ein Verlag aufsprang.

Die Profis durchforsten inzwischen solche Fan-Fiction-Projekte genauer, schließlich entstand so auch der unglaubliche Siegeszug von E. L. James’ „Fifty Shades of Grey“. Mögen amerikanische Literaturkritiker auch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, Todds Lektor bescheinigt ihr einen mitreißenden Spannungsbogen über die bislang vier publizierten Bände (in Deutschland sind erst Teil 1 und 2 veröffentlicht). Für die Buchausgabe wurde aus rechtlichen Gründen aus Harry Styles allerdings der Name Hardin Scott.

Anna Todd möchte jetzt ein bisschen mehr über Literatur lernen: „Ich habe eine Menge Worte geschrieben, aber ich habe mich noch nie damit auseinandergesetzt, eine strukturierte Geschichte zu schreiben. Fan-Fiction ist doch etwas anderes“, sagt sie. „Ich denke, für meine weiteren Bücher werde ich definitiv mehr Recherche betreiben. Für eine romantische Geschichte wie ,After’ war Genauigkeit aber wohl nicht der entscheidende Aspekt.“

Anders als so manchem jungen Pop-Star ist ihr der Ruhm keineswegs zu Kopf gestiegen. „Klar habe ich jetzt viel Geld“, sagt sie, „aber ich möchte möglichst lange ein einigermaßen komfortables Leben führen, ich verschwende jetzt jedenfalls nichts.“

Dass so ein Serienerfolg wie mit „After“ wohl kaum wiederholbar ist, glaubt auch Anna Todd selbst: „Das ist doch immer so. Nicht alle ,Twilight’-Leser haben auch Stephenie Meyers ,Seelen’ gelesen. Aber wenn mir auch nur die Hälfte der Fans treu bliebe, wäre ich ja extrem zufrieden.“

Anna Todd: „After Passion“ (Heyne-Verlag, 768 Seiten, 12,99 Euro) und „After Truth“ (Heyne, 704 Seiten, 12,99 Euro), die beiden weiteren Bände erscheinen im Juni und im August

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