Anna Netrebko - Bewährte Perlen frisch poliert

Anna Netrebko sang vor 6500 Zuschauern in Braunschweig mit Dmitri Hvorovstovsky ein ähnliches Programm wie im Juli am Königsplatz.
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BRAUNSCHWEIG - Anna Netrebko sang vor 6500 Zuschauern in Braunschweig mit Dmitri Hvorovstovsky ein ähnliches Programm wie im Juli am Königsplatz.

Diese Frau ist ein darstellerisches Naturtalent. Auch auf dem Konzertpodium genügen ihr ein paar Blicke, und die Figur steht plastisch da. Wenn sie nach der Juwelen-Arie mit einem neckischen Knicks für den Beifall dankt, ist sie noch immer die Marguerite, die sich Charles Gounod in seinem „Faust“ musikalisch sehr frei nach Johann Wolfgang von Goethe nach dem Muster einer koketten Französin erschuf.

In der ausverkauften Braunschweiger Volkswagen Halle gab Anna Netrebko mit dem Bariton Dmitri Hvorostovsky bei Preisen von 50 bis 200 Euro einen Vorgeschmack auf den gemeinsamen Auftritt am Münchner Königsplatz. Die anlässlich des 60-jährigen Geburtstags der Finanzsparte des Autokonzerns eingeflogenen Russin war bestens bei Stimme, ihr Charisma nach der Babypause ungebrochen. Bewährte Perlen wie Rusalkas „Lied an den Mond“, „Regnava nel Silenzio“ aus Donizettis „Lucia“ oder die „Cäcilie“ von Richard Strauss schimmerten frisch poliert.

Ein perfekter Bariton

Während der Ouvertüre zu Mozarts „Don Giovanni“ jaulten die Streicher noch seifig. Dann bekam die Tontechnik die 6500 Zuschauer fassende Edelsporthalle gut in Griff. Der dank seiner weißen Haare besonders jugendlich Bariton erschien im offenen schwarzen Hemd. Er überraschte durch ansprechendes Deutsch in Wagners „Lied an den Abendstern“ und betörte mit seinem Bariton, dessen metallischer Kern wie in dunklen Samt gehüllt wirkt.

Anna Netrebko in Braunschweig

Auf Netrebkos Juwelenarie antwortete Hvorostovsky mit Valentins Gebet aus der gleichen Oper, ehe sich die Lippen beider in einem Duett aus Leoncavallos „Bajazzo“ nur noch Millimeter trennten. Doch ehe etwas geschah, was die Eifersucht Erwin Schrotts oder der italienischen Gattin des Baritons weckte könnte, wurde das Bild auf den beiden Großleinwänden links und rechts vom Orchester unscharf gezogen.

Russische Triumphe

Nach der Pause war es faszinierend zu sehen, wie sich die Netrebko im Vorspiel des „Lieds an den Mond“ abwandte und bis zu ihrem Einsatz den Bläsern der Staatskapelle Weimar unter Riccardo Frizza lauschte. Zum Abschluss brillierte Hvorostovsky mit der Arie des Jeletzky aus Tschaikowskys „Pique Dame“ und verwandelte mit der seiner Landsmännin im Finale von „Eugen Onegin“ den schmalen Streifen vor dem Orchester in eine Opernbühne. Geschmackvolle Säulen-Projektionen sorgten für Atmosphäre.

Das genaue Programm des Münchner Konzerts steht noch nicht fest, aber es wird dem Braunschweiger Abend ähneln. Gewiss setzte das Orchester des Petersburger Mariinsky Theaters unter Netrebkos frühem Förderer Valery Gergiev am Königsplatz mehr russische Akzente. Zwei Zugaben machten den Abschied schwer: Erst brillierte die Netrebko mit Luigi Arditis Kusswalzer. Dann erschien sie mit einem Tamburin zum russischen Volkslied ihres Kollegen. Sie ließ den weiten Rock kreisen und warf sich hingebungsvoll vor Dmitri Hvorovstovky zu Boden. So devot sind Primadonnen nicht alle Tage.

Robert Braunmüller

Anna Netrebko und Dmitri Hvorstovsky singen am 10. Juli auf dem Königsplatz

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