Amerikanischer Liebestraum
Jude Law und Norah Jones in Wong Kar-Wais magischen »My Blueberry Nights«
In der Nacht sind nicht alle Katzen grau – im Gegenteil: In Brooklyn, wo nächtlich die hochgestelzte glänzende U-Bahn brausend an alten backsteinernen Großstadtfassaden vorbeirattert, gewinnt in der Dunkelheit vieles ein magisches Strahlen: Nicht nur die klaren Farben der einsamen Leuchtreklamen oder das Glühen der Zigarette, die Jude Law in der Kühle vor den großen Fenstern seines Bistros raucht.
Die schöne, dunkel-sinnliche Sängerin Norah Jones kommt in ihrem Filmdebüt als letzter, später Gast vorbei. Auch ihre fast schwarzen Augen funkeln tränenbenetzt im Nachtlicht. Sie erzählt ihm ihre Geschichte vom Verlassensein, isst Blaubeerkuchen mit Vanille-Eis und schläft am Tresen ein. Und er wird ihr die letzten Sahnereste vorsichtig von den Lippen küssen.
Aber er kann sie nicht halten. Sie begibt sich auf eine Reise des Vergessens, auf der aber ihre Erinnerung an den schönen, warmherzigen Mann aus New York wächst. Der Film ist ein Spiel mit dem Verhältnis von Liebe und Distanz. Aber letztlich muss der Weg von Norah Jones wieder zurückführen an den Beginn aller Bilder der Verheißung Amerikas – nach New York.
Dazwischen hat der chinesische Regisseur Wong Kar-Wai in seiner ersten amerikanischen Produktion ein Road-Movie von Norah Jones’ Reise durch die Staaten gesetzt – als amerikanischen Traum, als Reiseperlenkette, als Raum mythischer Orte: dem glitzernden Las Vegas, heißen Prärie-Highway-Landschaften mit der kühl-blauen Silhouette der Rockies und natürlich Memphis, Tennessee.
Wong Kar-Wai kam vom asiatischen Action-Kampffilm („Ashes Of Time“) und fand zu wunderbar kühl-stilisierten, melancholisch-tragischen Liebesgeschichten („In the Mood For Love“, „2046“). Und keiner kann Frauen derart als Wunderwesen inszenieren wie dieser chinesische Starregisseur. Neben Norah Jones gelingt ihm dies in „My Blueberry Nights“ auch mit Rachel Weisz und Natalie Portman. Und er gesteht diesmal jeder der Frauenfiguren auch eine versöhnliche Wendung ihrer gefährdeten Spieler-Persönlichkeiten zu.
So hat Wong Kar-Wai erneut das Kino als traumhaft magischen Ort gerettet. Sicher um den Preis der Wirklichkeit. Aber was macht das, wenn man einmal ins Kino geht, um sich ganz der Schönheit und Romantik hinzugeben. Adrian Prechtel
Kino: Eldorado, Leopold, Mathäser, Neues Arena, Cinema in OF
B & R: Wong Kar-Wai
K: Darius Khondji (USA, 95 Min.)
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