Am Tag, als kein Regen kam
Nach dem Konzert der Philharmoniker am Samstag haben wir uns noch gewünscht, jemand möge wenigstens die Zugaben ansagen. Die Rache folgte auf dem Fuß: Die pure Gegenwart der blonden Sopranistin Kristine Opolais brachte am Sonntag den moderierenden Udo Wachtveitl dermaßen aus dem Konzept, dass er Shakespeares „Romeo und Julia“ nach Florenz verlegte.
Jeder wartete auf eine Pointe, die aber ausblieb. Schon im Vorjahr nervte der TV-Kommissar als beflissener Staatsschauspieler im „Sommernachtstraum“. Diesmal hatte ihm jemand die furchtbarsten Italien-Klischees zusammengeschrieben, die launig wirken sollten, aber nur peinlich waren. Man stelle sich vor, jemand schwadroniere so über Deutschland bei einem Wagner-Konzert auf dem römischen Kapitol!
Es blieb nicht die einzige Panne. Andris Nelsons dirigierte im windgeblähten Anzug statt eines schnittigen Fracks und wirkte auf der Videowand als grinsendes Aufziehmännchen sehr komisch.
Hörfunkdirektor Johannes Grotzky verkündete eingangs, dass das Konzert wegen eines anziehenden Gewitters ohne Pause gespielt werde. Kürzungen verschwieg er. Kristine Opolais und dem Tenor Joseph Calleja wurden je zwei Arien gestrichen, außerdem entfiel ein Chor.
Respighis längliche Tondichtung „Pini di Roma“ blieb. Warum nur? Nach Sonnenuntergang wurde es düsterer. Um 21.40 Uhr forderte Wachtveitl das Publikum auf, angesichts aufziehenden Regens nicht so viel zu klatschen. In der gewonnenen Zeit erklärte er umständlich Leoncavallos „Bajazzo“, statt Calleja die Arie „Vesti la giubba“ einfach singen zu lassen. Es folgten die vorgesehenen Zugaben – das Trinklied aus Verdis „La traviata“ und der Gefangenenchor aus „Nabucco“. Dann war kurz vor 22 Uhr Schluss.
Nun fielen ein, zwei Tröpflein vom Himmel, dann blieb es bis 23 Uhr trocken. Nichts hätte dagegen gesprochen, den Rest des Programms nachzuholen. Es soll auch schon Konzerte gegeben haben, die bei Nieselregen stattfanden.
Aber leider hat beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks das Fernsehen die Regie übernommen. Es hält zahlende Besucher für Statisten, bei denen man sich für die Schrumpfung eines Konzerts nicht zu entschuldigen braucht. Und vor dem Improvisieren müssen offenbar alle Gremien befragt werden.
Der BR sendete in der verbleibenden Zeit die Aufzeichnung eines Konzerts mit Mariss Jansons vom Odeonsplatz. Was uns an unsere alte Forderung erinnert, dass dieser Termin Chefsache sein sollte, zumal bei einem Orchester, das vom Steuerzahler einen Konzertsaal möchte. Und es ist seltsam, dass die Weltklasse-Symphoniker mit Rücksicht auf die Quote bessere Kurkonzerte auf dem Odeonsplatz spielen müssen, obwohl ganz normale sinfonische Programme bei den Philharmonikern unter freiem Himmel bestens funktionieren.
Und auch in der Moderatorenfrage haben wir noch einen Gratis-Rat: Der Unterhaltungswert der Begrüßung durch den städtischen Kulturreferenten Hans-Georg Küppers und Hörfunkdirektor Grotzky übertrifft den steifen Wachtveitl mühelos. Noch besser wäre Christian Ude – mit Kabaretteinlagen zum aktuellen Stand der Konzertsaalfrage.