Alter Balsamico an jungem Bordeaux
Prinzregententheater: Der Bratschist Nils Mönkemeyer sorgte für Ovationen
Paul Hindemith wusste schon, wie man die Bratsche gscheit in Szene setzt. Etwa, indem man die geigende Konkurrenz einfach aus dem Spiel lässt. Einer wie Nils Mönkemeyer kann aber auch ganz lässig neben einem Pulk vorlauter Violinen punkten – wie im Gute-Laune-Happen von Antonio Rosetti.
Da wispert und gurrt, da singt und säuselt seine Bratsche nah an der menschlichen Stimme. Und bei aller Oberflächenpflege, nach der die tiefenfreie Partitur verlangt, lässt der 31-Jährige den Klang zwischen dunkler Seide und hell leuchtendem Samt, zwischen altem Balsamico und jungem Bordeaux changieren.
Vertrackt und amüsant
Diesem ausgesprochen sinnlichen Vergnügen konnten sich auch die Münchner Symphoniker nicht entziehen. Überhaupt war das gerne unterschätzte Orchester blendender Laune, lieferte Bachs erste Orchestersuite spritzig im romantisierenden Retro-Sound – was man im Strudel ständiger Originalklangsuche fast schon wieder goutieren muss. Natürlich könnte auch Mozarts A-Dur Sinfonie, KV 201, kantiger klingen. Doch Dirigent Dante Anzolini hatte viel mehr Lust auf das Ausreizen dynamischer Finessen.
Dafür durften sich unerschrockene Gemüter in Hindemiths – violinfreier – Zone delektieren. Denn Mönkemeyer hexte sich durch dessen herrlich vertrackte Kammermusik Nr. 5. Intensiv, zuweilen amüsant und mit dem Bogen ständig auf der Lauer, dem deftigen Blech Paroli zu bieten. Um dann doch ins zärtliche Rendezvous mit der Oboe zu schlittern. Wobei ausgerechnet Hindemiths köstlich kracherte Verballhornung des Bayerischen Defiliermarschs in Satz vier zum Höhepunkt des Abends wurde. Möglicherweise, weil sie eine treffliche Zustandsbeschreibung der bierzeltaffinen CSU gab?Dagegen konnte nicht mal das Original als Zugabenzuckerl anstinken.
Christa Sigg