Allerlei für die Allerwertesten
Wo sind sie geblieben, die Namen der Stuhl-Spender im Prinzregententheater?
Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze, lautet ein berühmtes Schiller-Wort. Schauspieler wie Intendanten kommen und gehen – deshalb gilt das der Gegenwart verhaftete Theater nicht als Ort, an dem historisches Bewusstsein besonders gepflegt würde.
Auch die Erinnerung an Spender und Sponsoren neigt zur Flüchtigkeit, wie man so schön an den Messingschildern im Foyer des Nationaltheaters sehen kann: Bei nachlassender Zahlungsbereitschaft können die Namen jederzeit ausgewechselt werden. Festgenagelt an den Sesseln im Zuschauerraum bleiben jedoch die Namen derer, die sich mit einer symbolischen Stuhlspende an den Baukosten beteiligt haben.
Auch der unermüdliche August Everding warb ähnlich um Geld für die Renovierung des Prinzregententheaters. Dort sind die Namensschildchen aber mittlerweile verschwunden. Wer damals für die Verewigung 10000 Mark zugunsten der Rekonstruktion des Hauptvorhangs entrichtete, ist nun mit Recht sauer. Briefe an Kunstminister Heubisch sind bereits in Arbeit.
Umgang mit der Tradition
Klaus Zehelein, derzeit Chef der Theaterakademie, ist ein in Ehren ergrauter Bilderstürmer, der lieber nach vorn als zurück blickt. Er hat schon das scheußliche Gemälde von Ernst Fuchs auf dem Eisernen Vorhang zum Verschwinden gebracht, das der Meister des Fantastischen Realismus einst Everding aufschwatzte, und es durch einen geometrisch grauen Ben Willikens ersetzt. Dieser Verlust ist zwar ein ästhetischer Gewinn, aber wer so mit der Tradition umgeht, dem traut man auch das eiskalte Abschrauben der Spender zu.
Wer wollte da noch für einen Stuhl den Geldbeutel öffnen, falls es doch mit einem Konzertsaal im Marstall oder der Verkleinerung des Gasteig ernst würde? Aber es ist Entwarnung angesagt: Nach unseren Informationen kommen bis zum Ende der Spielzeit die Schilder wieder dran.
Frisch gepolstert
„Viele Besucher haben sich über knarzende und quietschende Stühle beschwert“, erläutert die Theater-Sprecherin Wiebke Schmidt. „Deshalb haben wir uns zu einer Renovierung entschlossen. Einige Reihen sind derzeit nur provisorisch bestuhlt. Die neuen Sessel haben außerdem im Unterschied zu früher gepolsterte Sitzflächen.“
Da bahnt sich neuer Ärger an: Als im Bayreuther Festspielhaus, dem baulichen Vorbild des Prinzregententheaters, solches zur Schonung der Allerwertesten des Publikums unternommen wurde, nahm die Akustik Schaden. „Theater ist kein Museum“, sagt Schmidt. Stimmt, aber ein wenig Bewusstsein für das Vergangenene kann vor Fehlern bewahren.
Robert Braunmüller