Adabei in Dubai
Erst der Louvre, jetzt Münchens Pinakotheken: Eine Kunstkarawane zieht ins Morgenland und der Lockruf des Geldes lässt die Museumsdirektoren schwach werden.
Von Adrian Prechtel
Hier spielt Geld die größte – und gleichzeitig keine Rolle. Denn hier werden täglich rund 2,8 Millionen Barrel Öl gefördert. Man sitzt auf geschätzten 10 Prozent der gesamten Weltvorräte des schwarzen Goldes sitzt.
700 Millionen Euro haben sich die Scheichs einen „Mini-Louvre“ kosten lassen: 400 Millionen für 20 Jahre als Lizenzgebühr für den Namen Louvre wert, die Ausleihe französischer Kunstwerke noch mal 300 Millionen. Fertigstellung 2012. Ein Jahr zuvor soll das Frank Gehry Gebäude für die Guggenheim-Dependance fertig sein. Für 27 Milliarden Dollar baut Abu Dhabi eine Kulturinsel - Saadiyat, Insel des Glücks. Rem Kolhaas baut an einem Amphitheater, das Staatsballett Berlin hat bereits zur Bespielung Kontakte geknüpft. Kultur ist hier ein Luxusartikel, den man sich wirklich leisten will, als Investition in die Zeit nach dem Öl.
Jetzt hat auch München Blut geleckt, mit seinen Schätzen in den drei Pinakotheken. Zusammen mit den Berliner Staatlichen Museen und den Partnermuseen in Dresden, will man jetzt auch groß einsteigen ins Dubai-Geschäft. Reinhold Baumstark, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlung bis 2009 (siehe Kultur, Seite 15) will mitwirken am Museum der Weltkultur, das in Dubai geplant ist. Nicht, indem man Dependancen macht, sondern wissenschaftliche Projekte anbietet, Bildungsprogramme, aber natürlich auch Ausstellungen an den Golf bringt.
Eine allzu feine Nase darf man bei den Kulturgeschäften allerdings nicht haben, sonst würde man merken, dass das Geld im Land der größten Millionärsdichte hier nicht nur nach Öl riecht, sondern nach Scharia mit Frauenverschleierung, Haftstrafen für Homosexualität und Autokratie. Die zentrale Herrschaft ist verlockend, denn es braucht keine Ausschreibungen, Bauanträge bekommt man im Handstreich, Opposition und Gewerkschaften gibt es nicht. Man braucht nur die Unterschrift des Emirs.
Erst 26 Jahre ist es her, dass die Briten aus dem Wüstenland abzogen, das fast ausschließlich aus einen wichtigen Handelshafen bestand. Erst 20 Jahre zuvor war man hier auf eine neue Einnahmequelle gestoßen: Erdöl. Heute steht hier das teuerste Hotel der Welt, am höchsten Häuserturm, dem 800 Meter hohen Burj Dubai, wird gebaut, Kunstinseln im Meer in Form einer Palme sind aufgeschüttet oder eine Weltkarte in den Golf gestellt: Bewohnbare Inseln für die Besserverdienenden im einkommens- und Unternehmenssteuer-freien Paradies. 85 Prozent der Bevölkerung sind Ausländer, größtenteils Arbeitsimmigranten aus dem südlichen Asien und Schwarzafrika. Das teuerste Pferderennen der Welt findet hier statt, es gibt eine Shopping Mall mit Ski-Piste, während draußen 39 Grad herrschen. Alles ist neu, im Bau, im Aufbruch. Nur eben steril.
Seit zwei Jahren regiert Emir Muhammad bin Raschid in Dubai, der auch die wichtigsten politischen Posten in den Vereinigten Arabischen Emiraten innehat. Er hat ein Team aus Einheimischen und ausländischen, überwiegend europäischen Managern zusammengestellt: die Culture and Arts Authority, die Dubai endlich auch zu kultureller Autorität verhelfen sollten, durch Theater, das Filmfestival, zu dem im letzten Dezember auch George Clooney eingejettet wurde, Bibliotheken und natürlich Museumsbauten. Fabio Luisi mit seiner Sächsischen Staatskapelle am 8. März Wagner in die Wüste geschickt und im Emirat Abu Dhabi den „Liebestod“ feiern lassen, bis September ist hier im Hotel Emirates Palace eine große Ausstellung mit 186 Bildern, Skulpturen, Drucken und Manuskripten aus dem Pariser Picasso-Museum.
Kunst ist schon immer dem Geld gefolgt. Und vielleicht entstehen ja in den neuen Boomregionen, neue Kunstzentren, die das eurozentrische Kunstweltbild erblassen lassen. Bis dahin aber kauft man sich als neureiches Land noch die Kulturlegitimation in Good Old Europe. Denn übrig geblieben von der arabischen Beduinenkultur ist hier fast nur noch der Kamelmarkt, wo ein schöner brauner Hengst als Wüstenschiff so teuer ist wie eine Sonderanfertigung von Rolls Royce.